- Was versteht man unter einer Revision der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR)?
- Warum sind Generalrevisionen der VGR notwendig und auf welchem Regelwerk basieren sie?
- Was änderte sich bei den letzten Generalrevisionen der VGR?
Was versteht man unter einer Revision der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR)?
Unter einer Revision der VGR versteht man die Überarbeitung der Ergebnisse durch Einbeziehung neuer Daten, neuer Statistiken und/oder neuer Methoden in das Rechenwerk. Neben den laufenden Revisionen ("current revisions"), die sich auf kleinere Korrekturen einzelner Quartale oder Jahre beziehen, gibt es in den VGR etwa alle fünf Jahre sogenannte Generalrevisionen ("major revisions"). Bei diesen umfassenden Revisionen findet eine grundlegende Überarbeitung der gesamten VGR statt, die sich auf einen langen Zeitraum erstreckt. Die Ergebnisse von VGR-Generalrevisionen werden in der Regel zusammen mit den Ergebnissen für das zweite Quartal des jeweiligen Jahres veröffentlicht, also Ende August, meist im Rahmen einer Pressemitteilung mit zusätzlichen Hintergrundinformationen.
Die Ergebnisse der Generalrevision 2024 der VGR wurden erstmals am 30. Juli 2024 in einer Pressemitteilung mit Angaben nur für das BIP insgesamt und am 27. August 2024 in einer ausführlichen Pressemitteilung veröffentlicht (für alle Quartale und Jahre zurück bis 1991).
Warum sind Generalrevisionen der VGR notwendig und auf welchem Regelwerk basieren sie?
Umfassende Generalrevisionen werden durchgeführt, um insbesondere
- neue Konzepte, Definitionen, Klassifikationen und Ähnliches in das Rechenwerk einzuführen;
- neue Berechnungsmethoden anzuwenden;
- neue, bislang nicht verwendete statistische Datenquellen einzuarbeiten;
- die internationale Vergleichbarkeit zu erhöhen.
Diese Generalrevisionen erfolgen in der Regel alle fünf Jahre in international harmonisierter Form (zumindest innerhalb der EU), um die Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten.
Das Regelwerk ESVG (Europäisches System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in der Europäischen Union) 2010 legt detailliert die in den EU-Ländern anzuwendenden Konzepte, Definitionen, Klassifikationen und Verbuchungsregeln für die Aufstellung der VGR fest. Es ist Bestandteil einer europäischen Verordnung und daher für alle EU-Mitgliedstaaten unmittelbar rechtsverbindlich. Deutschland orientiert sich ausschließlich an diesem europäischen VGR-Regelwerk, das heißt es gibt keine eigenständige nationale Variante der VGR.
Das ESVG 2010 ist aus dem SNA (System of National Accounts) 2008 der Vereinten Nationen abgeleitet, sodass VGR-Daten grundsätzlich weltweit vergleichbar sind. Allerdings ist das SNA - anders als das ESVG - nicht rechtsverbindlich, sondern hat lediglich Empfehlungscharakter. Um bestmöglich die reale Wirtschaft abzubilden, werden die Methoden in unregelmäßigen Abständen komplett überarbeitet. Aktuell ist das SNA 2025 in der finalen internationalen Abstimmung, parallel laufen die Arbeiten für ein revidiertes ESVG, das im Rahmen der VGR-Revision 2029 implementiert werden soll.
Was änderte sich bei den letzten Generalrevisionen der VGR?
Revision 2024
Im Rahmen der Generalrevision 2024 gab es keine weitreichenden methodischen Änderungen. Die im Jahr 2014 eingeführten internationalen VGR-Konzepte des ESVG 2010 gelten nach wie vor und werden sich erst mit der Generalrevision 2029 ändern.
Wichtige Revisionspunkte bei der Generalrevision 2024 waren unter anderem
- die Integration aktualisierter Datenquellen, zum Beispiel Zensus 2022, und neuer Datenquellen, zum Beispiel die Strukturstatistik im Handels- und Dienstleistungsbereich, mit der erstmals eine einheitliche Erhebung des kompletten Dienstleistungsbereichs erfolgt
- die Implementierung der neuen Klassifikation der privaten Konsumausgaben (COICOP 2018)
- die Implementierung der Berechnungsregeln des aktualisierten europäischen Handbuchs zur Berechnung von Staatsdefizit und Schuldenstand (MGDD 2022), unter anderem zur Buchung staatlicher Garantien und Darlehen
- die Reklassifizierung des ÖPNV und des Schienennetzes zum Sektor Staat
- die konzeptionelle Überarbeitung von Modellrechnungen, unter anderem für die Schattenwirtschaft
- Absetzung der Meldungen von ausländischen Einheiten mit deutscher Steuernummer ohne physische Präsenz, ohne Mitarbeitende und ohne Produktion (VAT-Trader) von den Warenex- und Warenimporten, da kein Wechsel des wirtschaftlichen Eigentums stattfindet
Um Brüche in den Zeitreihen möglichst zu vermeiden, wurden die Ergebnisse für Deutschland zurück bis 1991 neu berechnet. Zudem wurden im Rahmen der Generalrevision die realen Ergebnisse auf ein neues Referenzjahr umgestellt (2020). Dies hat auf die Veränderungsraten der VGR-Ergebnisse jedoch keine Auswirkungen, da in den VGR die Berechnung der realen Größen immer auf den Preisen des jeweiligen Vorjahres erfolgt und nicht auf den Preisen eines festen Basisjahres.
Mehr Informationen erhalten Sie in unserem Hintergrundpapier zur VGR-Revision 2024.