Wanderungen Erläuterungen zur Wanderungsstatistik

1. Allgemeines

Wie werden Wanderungszahlen ermittelt?

Die Wanderungsstatistik ist eine Vollerhebung und erfasst alle Zu- und Fortzüge mit Verlegung der Haupt- beziehungsweise alleinigen Wohnung über die Gemeindegrenze oder die Bundesgrenze hinweg. Sie enthält Wanderungsfälle und unterscheidet sich daher vom Konzept der wandernden Personen. Die Zahl der Wanderungsfälle liegt i. d. R. über der Zahl der wandernden Personen, da eine Person in einem Jahr mehrfach umziehen kann.

Welche Wanderungsfälle werden berücksichtigt?

Die Erfassung der Wanderungsfälle läuft über die Registrierung der An- und Abmeldungen in den Meldebehörden entsprechend den melderechtlichen Regelungen. Eine Ausnahme der Anmeldepflicht besteht dabei nur für Inländer mit einem sonstigen Wohnsitz im Bundesgebiet bei Aufenthalten bis zu 6 Monaten und für Personen mit Wohnsitz im Ausland bei Aufenthalten bis zu 3 Monaten. Diese Fälle sind dementsprechend nicht in der Wanderungsstatistik enthalten. Schutzsuchende sind dagegen meldepflichtig und somit auch Bestandteil der Statistik. Sie können jedoch nicht gesondert ausgewiesen werden, da weder Einwanderungsgrund noch Aufenthaltsstatus als Merkmale hinterlegt sind.

Wie werden Wanderungsfälle dargestellt?

Die Wanderungsstatistik gibt neben der Zahl der Zuzüge und Fortzügen auch die Differenz von Zu- und Fortzügen als Wanderungssaldo aus. Ein positiver Wanderungssaldo bedeutet, dass mehr Personen zu- als fortgezogen sind und entspricht einem Zuwanderungsgewinn. Ein negativer Wanderungssaldo bedeutet dagegen einen Abwanderungsverlust. Das Wanderungsvolumen stellt die Summe aller Zu- und Fortzüge zwischen zwei definierten Zeitpunkten dar.

In den Veröffentlichungen wird zwischen der Binnen-, Außen- und Gesamtwanderung unterschieden. In der Bundestatistik umfasst die Binnenwanderung die Wanderungsfälle zwischen den Gemeinden eines Bundeslandes sowie die Wanderungen zwischen den Bundesländern. Der Binnenwanderungssaldo für Gesamtdeutschland liegt dabei grundsätzlich bei null, da sich Fort- und Zuzüge innerhalb Deutschlands gegenseitig ausgleichen. In einigen Berichtsjahren ist der Wanderungssaldo jedoch aufgrund unterschiedlicher zeitlicher Verarbeitungsstände der Daten im Herkunfts- bzw. Zielland nicht ganz ausgeglichen.

Die Außenwanderungsstatistik umfasst die Zu- und Fortzüge über die Grenzen Deutschlands (bzw. über die Grenzen des früheren Bundesgebiets). Die Gesamtwanderung setzt sich aus der Binnenwanderung und der Außenwanderung zusammen. Mit dem Wanderungsvolumen kann die Gesamtwanderung eines Gebietes als Zahl abgebildet werden. Die Wanderungsfälle lassen sich auf verschiedenen räumlich-administrativen Ebenen als Wanderungsströme darstellen. Dabei werden das Herkunfts- und das Zielgebiet betrachtet und es können für das Herkunfts- bzw. Zielgebiet einzelne Gebiete oder eine regionale Ebene gewählt werden. Beispiele mit Auswahl einzelner Gebiete wären

  • die Zuzüge von Bundesland A nach Bundesland B
  • die Zuzüge von Land X (Ausland) nach Bundesland A
  • die Fortzüge von Bundesland A nach Land X (im Ausland)

Bei der Betrachtung von Regionalebenen erfolgt die Einteilung der Wanderungsfälle je nachdem über welche Grenzen (Gemeinde, Kreis, Regierungsbezirk, Bundesland oder Deutschland) die Wanderung stattfindet. In der Wanderungsstatistik werden beispielsweise die folgenden Wanderungsströme dargestellt:

  • Über die Bundeslandgrenze (Herkunftsgebiet)
  • Über die Bundeslandgrenze (Herkunftsgebiet) in ein anderes Bundesland (Zielgebiet)
  • Über die Bundesgrenze (Herkunftsgebiet) ins Ausland (Zielgebiet)
  • etc.

2. Kennzahlen zur Wanderungsstatistik - Wanderungsrate

Die Wanderungsrate (auch Wanderungsquote oder Mobilitätsziffer genannt) beschreibt für ein Berichtsjahr und ein vorgegebenes Gebiet die Wanderungen bezogen auf 1 000 Personen der durchschnittlichen Bevölkerung dieses Gebietes. Durch die Berücksichtigung der Größe der Bezugsbevölkerung eignet sie sich für Zeitvergleiche sowie den regionalen Vergleich.

Wanderungsraten können nach Alter, Geschlecht oder Staatsangehörigkeit differenziert werden bzw. für Teilpopulationen berechnet werden. Da bestimmte Gruppen (ausländische Bevölkerung, junge Erwachsene) oft eine höhere Mobilität aufweisen, können Untersuchungen zu Mobilitätsverhalten von unterschiedlichen Gruppen bzw. zu deren Auswirkungen auf die Bevölkerungsstruktur zweckmäßig sein.

3. Unterscheidung von Staatsangehörigkeit und Herkunftsland

Das in der Wanderungsstatistik enthaltene Merkmal "Herkunftsland" wird leicht mit dem Merkmal "Staatsangehörigkeit" verwechselt. Beide Merkmale sind jedoch nicht identisch. Die Staatsangehörigkeit bezeichnet die rechtliche Zugehörigkeit einer Person zu einem Staat und wird im Pass ausgewiesen. Das Herkunftsland bezeichnet dagegen das Land, in dem die Person zuletzt gelebt hat. Beispielsweise trägt eine Person mit polnischer Staatsangehörigkeit, die zuletzt in Frankreich gelebt hat und sich nun in Deutschland anmeldet, die Merkmale "Polen" für die Staatsangehörigkeit und "Frankreich" für das Herkunftsland.

4. "Abmeldung von Amts wegen" und "Abmeldung nach Unbekannt"

In Deutschland besteht eine Abmeldepflicht, wenn eine Person auszieht und keine neue Wohnung in Deutschland bezieht, allerdings ziehen häufig Personen fort, ohne sich abzumelden. Stellt eine Meldebehörde fest, dass eine Person an der registrierten Adresse nicht mehr wohnt, nimmt sie eine "Abmeldung von Amts wegen" vor. Diese Abmeldungen von Amts wegen sind in der Wanderungsstatistik unter den Fortzügen ins Ausland mitenthalten.

Ist bei einem Fortzug der Meldebehörde nicht bekannt, wohin die Person gezogen ist (weil beispielsweise eine Wahlbenachrichtigung nicht zugestellt werden kann), erfolgt eine "Abmeldung nach Unbekannt". In der Statistik wird für Nichtdeutsche in diesem Fall das Zielgebiet teilweise entsprechend der Staatsangehörigkeit ergänzt. Wenn dies nicht sinnvoll ist sowie bei fortgezogenen Deutschen mit unbekannten Zielgebiet, wird als Merkmalsausprägung für das Zielgebiet "ohne Angabe" eingesetzt.

Seit Berichtsjahr 2015 sind Tabellen zu den Fortzügen ins Ausland getrennt nach Art der Abmeldung (reguläre Abmeldung oder Abmeldung von Amts wegen) verfügbar.

5. Berichtszeiträume – monatliche und jährliche Ergebnisse

Die Ergebnisse zur Wanderungsstatistik werden sowohl monatlich als auch jährlich aufbereitet und veröffentlicht. Dabei bildet ab Berichtsjahr 2016 die Summe der Berichtsmonate nur ein vorläufiges Jahresergebnis für das Berichtsjahr, welches aus methodischen Gründen vom endgültigen Ergebnis des Berichtsjahres abweicht. Grund für die Abweichungen sind im Jahresergebnis eingearbeitete Berichtigungen der Meldebehörden, die Angaben zu einem Wanderungsfall nachträglich korrigieren.

6. Europäische Migrationsstatistik - Langzeitmigranten

Die europäische Migrationsstatistik gemäß Verordnung EG 862/2007 ist nicht mit den Ergebnissen der Wanderungsstatistik auf nationaler Ebene vergleichbar. Während die deutsche Wanderungsstatistik Wanderungsfälle ohne die Berücksichtigung einer Mindestaufenthaltsdauer erfasst, berücksichtigt die europäische Migrationsstatistik ausschließlich Personen, die ihren üblichen Aufenthaltsort für die Dauer von mindestens 12 Monaten verlegt haben (Langzeitmigranten). Um diese Langzeitmigranten auf Grundlage vorliegender Daten schätzen zu können, wurde für deutsche und ausländische Personen jeweils ein Schätzverfahren entwickelt.

Ausführliche Informationen zu diesem Thema finden Sie in dem WISTA-Aufsatz "Bevölkerung am üblichen Aufenthaltsort und Weiterentwicklung des Schätzverfahrens zur Langzeitmigration" (WISTA 3/2019).

7. Genauigkeit der Wanderungsstatistik

Da es sich bei der Wanderungsstatistik um eine Vollerhebung handelt, ist die Qualität insgesamt als gut einzuschätzen. Trotzdem ist sie von der Genauigkeit der gelieferten Daten abhängig und damit insbesondere von der Einhaltung der melderechtlichen Vorschriften seitens der meldepflichtigen Personen. Häufigste Unstimmigkeiten sind dabei nicht gemeldete Fortzüge ins Ausland. Diese fehlenden Abmeldungen werden zwar teilweise durch die von den Meldebehörden durchgeführten "Abmeldungen von Amts wegen" nachgeholt, jedoch gibt es keine Möglichkeit, die genaue Zahl der unterlassen Abmeldungen für einen bestimmten Zeitraum zu ermitteln.

Darüber hinaus sind aktuelle Hinweise zu den Ergebnissen der Wanderungsstatistik zu beachten.

8. Zeitreihen – räumliche und zeitliche Vergleichbarkeit

Die Daten sind weitgehend mit einer einheitlichen Methode und einem einheitlichen Verfahren aufbereitet, sodass die räumliche Vergleichbarkeit als sehr gut eingeschätzt wird.

Allerdings können Gebietsstandsänderungen zu Einschränkungen in der zeitlichen Vergleichbarkeit führen. Dies trifft insbesondere für Auswertungen auf Gemeindeebene zu. So sind beispielsweise die Ergebnisse nach Gemeinden oder Kreisen in einem Bundesland mit den Vorjahresergebnissen nur bedingt vergleichbar, wenn es im Berichtsjahr Eingemeindungen beziehungsweise eine Gebiets¬reform gegeben hat. Da Änderungen für größere regionale Einheiten (z. B. Bundesländer) in der Regel selten sind, ist die zeitliche Vergleichbarkeit für diese Ebene gut. Zu beachten ist, dass sich Ergebnisse bis zum Berichtsjahr 1990 auf das frühere Bundesgebiet beziehen und daher nicht mit den Daten ab 1991 vergleichbar sind.

Weitere Einschränkungen der zeitlichen Vergleichbarkeit können sich aus Registerbereinigungen der Meldebehörden ergeben, die zu einer erhöhten Zahl von Fortzügen infolge vermehrter Abmeldungen von Amts wegen führen können. Dies war insbesondere in den Jahren 2008 bis 2010 der Fall infolge der Einführung der Steuer-Identifikationsnummer und einer bundesweiten Überprüfung der Melderegister.

9. Unterschiede zwischen der Wanderungsstatistik und der Bewegungsbilanz nach dem Ausländerzentralregister

Ausführliche Informationen zu den Unterschieden in Methodik und Datenverfügbarkeit beider Statistiken finden Sie in den Erläuterungen zum Thema Migration.