Methodische Erläuterungen aus Fachserie 1 Reihe 2.4:
Datengrundlage
Die folgenden Daten bilden die humanitäre Immigration nach Deutschland ab. Als Datengrundlage dient die jeweils zum 31. Dezember eines Jahres vom Statistischen Bundesamt durchgeführten Auswertung des Ausländerzentralregisters (AZR). Diese erfolgt gemäß § 23 des Gesetzes über das Ausländerzentralregister (AZR-Gesetz).
Die registerführende Behörde, das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), führt mit dem AZR die Datenbestände aller lokalen Ausländerbehörden zentral zusammen. Das AZR enthält somit Informationen zu allen Ausländer/innen, die sich nicht nur vorübergehend (drei Monate oder länger) in Deutschland aufhalten. Ebenso enthalten sind ausreisepflichtige Ausländer/innen. Das AZR dient einer Vielzahl von Behörden, die mit aufenthalts- und asylrechtlichen Verwaltungsaufgaben beauftragt sind als zentrale Informationsplattform. Zu den Nutzern zählen neben BAMF und Ausländerbehörden auch Justiz und Polizei.
Schutzsuchende sind Ausländerinnen und Ausländer, die sich unter Berufung auf humanitäre Gründe in Deutschland aufhalten. Die Begründung des Aufenthaltes von Ausländerinnen und Ausländern wird anhand ihres Aufenthaltsstatus im AZR identifiziert. Seit dem 01.01.2005 regelt das Aufenthaltsgesetz (AufenthG) die Steuerung und die Begrenzung des Zuzugs von Ausländern in die Bundesrepublik Deutschland. Nach §4 AufenthG benötigen Ausländerinnen und Ausländer für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet einen Aufenthaltstitel. Die Aufenthaltstitel nach dem AufenthG werden zweckgebunden erteilt (u. a. aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen). Neben dem aktuellen Aufenthaltstitel werden auch der Asylstatus, Informationen über einen eingetragenen Ankunftsnachweis und eine behördlich registrierte Duldung oder Gestattung zur Bestimmung des Aufenthaltsstatus herangezogen.
Anhand der Informationen aus dem AZR, die dem Statistischen Bundesamt zu Verfügung stehen, können Schutzsuchende nach Schutzstatus, Staatsangehörigkeit, Aufenthaltsdauer, Alter bei Einreise, Alter und Familienstand ausgewiesen werden. Die Zuordnung von Schutzsuchenden zu den jeweils zuständigen Ausländerbehörden ermöglicht außerdem Auswertungen in regional tiefer Gliederung (mit wenigen Ausnahmen bis auf die Kreisebene).
Definition von Schutzsuchenden
Schutzsuchende sind Ausländerinnen und Ausländer, die sich unter Berufung auf humanitäre Gründe in Deutschland aufhalten. Die Begründung für ihren Aufenthalt wird hierbei aus ihrem Aufenthaltsstatus im Ausländerzentralregister abgeleitet. Zu den Schutzsuchenden in Deutschland zählen die folgenden drei Kategorien von Ausländerinnen und Ausländern:
Schutzsuchende mit offenem Schutzstatus halten sich zur Durchführung eines Asylverfahrens in Deutschland auf, wobei über ihren Schutzstatus noch nicht entschieden wurde.
Schutzsuchende mit anerkanntem Schutzstatus besitzen einen befristeten oder unbefristeten Aufenthaltstitel aus dem humanitären Bereich des Aufenthaltsgesetzes.
Schutzsuchende mit abgelehntem Schutzstatus halten sich nach Ablehnung im Asylverfahren oder nach Verlust ihres humanitären Aufenthaltstitels als Ausreisepflichtige in Deutschland auf.
Begriffe wie Flüchtlinge, Asylbewerber oder Asylberechtigte werden oftmals als Synonyme für geflüchtete Menschen genutzt, beschreiben aber im Ausländer- und Asylrecht jeweils nur eine spezifische Teilmenge der Schutzsuchenden. Die vorliegende Definition von Schutzsuchenden hingegen liefert einen ganzheitlichen Überblick über die humanitäre Immigration nach Deutschland.
Erläuterungen zu den Kategorien von Schutzsuchenden
Offener Schutzstatus
Schutzsuchende mit offenem Schutzstatus sind nach Deutschland eingereist, um hier das Asylverfahren zu durchlaufen. Sie befinden sich entweder im Asylverfahren oder noch vor dem Asylverfahren, weshalb über ihren Schutzstatus noch nicht entschieden wurde. Bei ihrer Ersterfassung werden Schutzsuchende erkennungsdienstlich erfasst und bei Äußerung ihres Asylgesuches wird ihnen ein Ankunftsnachweiß als erstes offizielles Ausweisdokument zur weiteren Identifizierung ausgestellt. Sobald Schutzsuchende mit offenem Schutzstatus ihren Asylantrag offiziell beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gestellt haben, wird ihnen eine Aufenthaltsgestattung für die Dauer der Durchführung des Verfahrens ausgestellt.
Anerkannter Schutzstatus
Schutzsuchende mit anerkanntem Schutzstatus halten sich mit einem befristeten (Aufenthaltserlaubnis) oder unbefristetem (Niederlassungserlaubnis) humanitären Aufenthaltstitel in Deutschland auf. Eine mögliche Grundlage für die Erteilung einer befristeten humanitären Aufenthaltserlaubnis ist die Anerkennung einer von vier Schutzformen im Asylverfahren seitens des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge:
i) Asylberechtigte nach Art. 16 Grundgesetz,
ii) Flüchtlinge nach Genfer Konvention,
iii) Subsidiärer Schutz oder
iv) nationales Abschiebeverbot.
Darüber hinaus bestehen weitere gesetzliche Grundlagen für die Erteilung einer humanitären Aufenthaltserlaubnis außerhalb des Asylverfahrens. Im Rahmen von humanitären Aufnahmen und Programmen zur Neuansiedlung (Resettlement) können Bund und Länder Kontingente und Auswahlkriterien für Schutzsuchende festlegen, denen ohne Asylverfahren eine humanitäre Aufenthaltserlaubnis zugesprochen wird. In besonderen Härtefällen sieht das Aufenthaltsgesetz vor, dass Schutzsuchende auch nach Ablehnung im Asylverfahren noch eine befristete Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen erhalten können. Weiterhin hat der Gesetzgeber für Schutzsuchende, die bereits langfristig in Deutschland geduldet wurden und sich gut integriert haben, Möglichkeiten für den Erwerb einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen geschaffen („Regularisierung“).
Schutzsuchende, die sich bereits langjährig mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen in Deutschland aufhalten, können unter Erfüllung weiterer Voraussetzungen eine unbefristete Niederlassungserlaubnis aus humanitären Gründen erhalten. Darüber hinaus können Niederlassungserlaubnisse aus humanitären Gründen auch im Rahmen von humanitären Aufnahmen durch Bund und Länder oder in Folge der Neuansiedlung („Resettlement“) von Schutzsuchenden aus dem Ausland auch direkt und ohne vorherigen Aufenthalt in Deutschland erteilt werden.
Abgelehnter Schutzstatus
Zu den Schutzsuchenden mit abgelehntem Schutzstatus zählen zunächst jene Ausländerinnen und Ausländer, denen im Laufe des Asylverfahrens seitens des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge kein Schutzstatus anerkannt wurde, und denen damit die Grundlage für die Ausstellung eines Aufenthaltstitels fehlt.
Weiterhin gehören zu dieser Kategorie auch Schutzsuchende, deren Aufenthaltserlaubnis aus gesetzlichen Gründen erloschen ist, oder bei denen eine aufenthaltsbeendende Maßnahme durchgeführt wurde. Zu den gesetzlichen Erlöschungsgründen zählen der Ablauf der Geltungsdauer eines Aufenthaltstitels sowie eine längerfristige Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland. Als aufenthaltsbeendende Maßnahmen können eine Ausweisung (bei Gefährdung der öffentlichen Sicherheit), ein Widerruf (z. B. bei nicht Fortbestehen der Verfolgungssituation) oder eine Rücknahme eines Aufenthaltstitels (z. B. bei Erschleichung des Aufenthaltstitels mittels falscher Angaben oder falscher Dokumente) angewendet werden.
Generell sind Schutzsuchende mit abgelehntem Schutzstatus ausreisepflichtig. Bei abgelehnten Asylbewerbern setzt die Ausreisepflicht unmittelbar mit der Entscheidung des BAMF ein. In dem Ablehnungsbescheid wird gegenüber den Betroffenen die Aufforderung zur freiwilligen Ausreise innerhalb von 30 Tagen ausgesprochen. Wird ein Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt (z. B. bei Schutzsuchenden aus sicheren Herkunftsstaaten) verkürzt sich die Frist zur freiwilligen Ausreise auf 7 Tage und zusätzlich kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot verhängt werden. Besteht begründeter Verdacht, dass sich Betroffene der Abschiebung entziehen wollen oder besteht eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung kann auf die Frist zur freiwilligen Ausreise auch gänzlich verzichtet werden.