Migration und Integration Einwanderungsgeschichte - Hintergrundpapier

Hintergrundpapier für die Veröffentlichung von Ergebnissen zur Bevölkerung nach Einwanderungsgeschichte

Warum wird ein neues Konzept eingeführt?

Im Januar 2021 hat die Fachkommission der Bundes­regierung zu den Rahmen­bedingungen der Integrations­fähigkeit, ein Fachgremium der Bundes­regierung bestehend aus 25 Expertinnen und Experten aus Wissenschaft, Verwaltung und Zivilge­sellschaft ihren Bericht "Gemeinsam die Einwande­rungsgesell­schaft gestalten" vorgelegt. In diesem Bericht wird empfohlen, für Fragen der Integration künftig das Konzept der "Einge­wanderten und ihrer (direkten) Nach­kommen" zu verwenden. Die Definition umfasst alle Menschen, die entweder selbst (Eingewanderte) oder deren beide Eltern­teile (Nach­kommen von Einge­wanderten) seit 1950 in das heutige Gebiet Deutschlands einge­wandert sind. Eingewan­derte Personen gehören dabei der ersten Generation an; die in Deutschland geborenen Nach­kommen von Einge­wanderten zählen zur zweiten Generation. Personen ab der dritten und weiteren Genera­tionen werden im neuen Konzept nicht als Nach­kommen von Einge­wanderten erfasst.
Die Neude­finition trägt zu einer Verein­fachung und Harmo­nisierung der bisher im gesell­schaft­lichen und politi­schen Diskurs verwen­deten Konzepte und Begrif­flichkeiten bei. Sie ist zudem besser vergleich­bar mit den inter­national verwen­deten Defini­tionen der Einge­wanderten, beispiels­weise von Eurostat und den Vereinten Nationen. Die Fach­kommission will mit der Ein­führung eines neuen Begriffs auch dazu bei­tragen, eine Stigma­tisierung der erfass­ten Personen­gruppen zu vermeiden. Mit der Einführung des neuen Konzepts im Mikrozensus greift das Statistische Bundes­amt die Empfeh­lung der Fach­kommission auf und setzt diese als ein zusätz­liches reguläres Daten­an­gebot um.

Wie unterscheiden sich die neue Definition und der Migrations­hintergrund?

Die vorgeschlagene Neudefinition der Fachkomission ver­wendet das Kriterium der Wanderungs­erfahrung. So müssen entweder die Person selbst oder beide Elternteile seit 1950 auf das heutige Gebiet Deutschlands zuge­zogen sein, damit sie als Einge­wanderte beziehungs­weise als in Deutschland geborene Nach­kommen von Einge­wanderten gelten. Im Unter­schied dazu basiert die Definition des Migrations­hinter­grunds auf der Staats­ange­hörigkeit der Personen zum Zeit­punkt der Geburt (entweder selbst oder mindes­tens ein Eltern­teil nicht mit deut­scher Staatsan­gehörigkeit geboren). Hier wird außer­dem auch ein ein­seitiger Migrations­hintergrund einge­schlossen, das heißt das Migrations­merkmal eines Eltern­teils ist aus­reichend, damit in Deutschland gebo­rene Nach­kommen zur Gruppe der Bevöl­kerung mit Migrations­hinter­grund gerechnet werden. Die zeitliche Grenze der Ein­wanderung vor beziehungsweise seit 1950 findet in der bis­herigen Definition des Migrations­hinter­grundes nur zur Abgrenzung von Vertrie­benen und Aus­siedler/-innen Anwendung. In der neuen Definition gilt dieses Kriterium für alle Personen: Alle Personen, die selbst oder deren beide Eltern vor 1950 einge­wandert sind, werden nicht zu den Einge­wanderten und ihren direkten Nach­kommen gezählt.
Die neue Definition ist damit enger gefasst als die bisher im Mikrozensus genutzte Definition des Migrations­hintergrundes (siehe Grafik).

Vergleich der Konzepte Einwanderungsgeschichte und Migrationshintergrund

Wie erfolgt die konzeptuelle und begriffliche Umsetzung im Mikrozensus?

Konzeptuelle Umsetzung

Im Mikrozensus wird die Wanderungs­erfahrung durch das Konzept des Geburts­lands (englisch "foreign born") erfasst. Dies bedeutet, dass Be­fragte zuerst gefragt werden, ob sie im heu­tigen Staats­gebiet Deutsch­lands geboren wurden. Wenn sie diese Frage ver­neinen und dement­sprechend im Ausland geboren wurden, werden sie nach dem Jahr des erst­maligen Zuzugs nach Deutschland gefragt. Diese Infor­mationen werden für alle Befragten und deren Eltern erhoben.
Zudem werden in Deutschland geborene Personen mit nur einem seit 1950 einge­wanderten Eltern­teil als eigen­ständige Kategorie separat aus­gewiesen, um differen­zierte Analysen sowie Ver­gleiche zur Definition des Migrations­hintergrunds trans­parent zu ermög­lichen.

Begriffliche Umsetzung

Mit der Umsetzung des neuen Konzepts sollen auch neue Begriffe ver­wendet werden, um eine ein­deutige Termi­nologie mit klarer Abgren­zung zur bis­herigen Defi­nition zu gewähr­leisten.
In der statis­tischen Bericht­erstattung werden sowohl die Einzel­kategorien "Einge­wanderte" und "Nach­kommen von Einge­wanderten" als auch die zusam­men­fassende Kategorie "Personen mit Ein­wanderungs­geschichte" ver­wendet. In Deutsch­land gebo­rene Nach­kommen mit nur einem seit 1950 einge­wander­ten Eltern­teil werden als "Perso­nen mit ein­seitiger Einwan­derungs­gsgeschichte" bezeich­net, zählen aber ent­sprechend der Empfeh­lungen der Fach­kommission nicht zu den Per­sonen mit Einwan­derungs­geschichte. Per­sonen, die selbst vor 1950 einge­wandert sind oder in Deutsch­land gebo­rene Personen, deren beide Eltern­teile nicht seit 1950 auf das heu­tige Gebiet Deutsch­lands einge­wandert sind, werden als "Per­sonen ohne Einwan­derungs­geschichte" kate­gorisiert.

Wann werden Ergebnisse zur Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte veröffentlicht?

Erste Ergeb­nisse des Mikro­zensus 2021 zur Bevöl­kerung mit Ein­wanderungs­geschichte wurden am 2. März 2023 veröffent­licht. Eine erwei­tertes Ergebnis­angebot soll vor­aussichtlich im Mai 2023 für die Erster­gebnisse des Mikro­zensus 2022 erschei­nen und an­schließend jähr­lich aktua­lisiert werden.

Werden weiterhin Ergebnisse zur Bevölkerung mit Migrationshintergrund veröffentlicht?

Zu­nächst wird das Statis­tische Bundes­amt auch zur Bevöl­kerung mit Migrations­hinter­grund parallel weiter Ergeb­nisse veröffent­lichen, um die Ab­weichun­gen im Ver­gleich zur neuen Definition trans­parent zu machen sowie die Anschluss­fähig­keit an andere Statis­tiken und die Vergleich­barkeit in der Zeit­reihe zu gewähr­leisten.

Wo gibt es weitere Informationen?

Auf der Themen­seite "Migration und Integration" des Statis­tischen Bundes­amts gibt es weitere Infor­mationen zur Statistik der Bevöl­kerung nach Einwan­derungs­geschichte. Dort ist neben dem Statistischen Bericht zur Bevöl­kerung nach Einwan­derungs­geschichte auch die aktuelle Presse­mitteilung zum Thema verlinkt. Auf der Themen­seite ist auch die Fachserie zur Bevöl­kerung mit Migrations­hinter­grund verfüg­bar.
Ferner enthält der Bericht der Fach­kommission weiter­führende Hinter­grund­infor­mationen zur Definition der Einge­wander­ten und ihrer direkten Nach­kommen.