Das neue Mikrozensus-System hat sich seit der Neugestaltung im Jahr 2020 mittlerweile etabliert. Das Erhebungsjahr 2023 lief wie bereits 2022 ohne Einschränkungen bei der Erhebungsdurchführung. Die Ausfallquote liegt bei den Erstergebnissen aus dem Mikrozensus 2023 auf Bundesebene bei ca. 12 % und bleibt damit auf einem ähnlichen Niveau wie 2022.
Einschränkend gilt weiterhin, dass sich gleichgeschlechtliche Paare auch 2023 nicht valide abgrenzen lassen. Auf eine Darstellung der Anzahl gleichgeschlechtlicher Paare muss daher verzichtet werden.
Einen umfassenden Überblick über die Merkmale im Mikrozensus 2023 bietet ein thematisch und alphabetisch sortiertes Glossar.
- Ausfallquote konnte im Vergleich zu beiden Vorjahren weiter reduziert werden.
- Zusatzprogramm "Wohnsituation" erstmals im neugestalteten Mikrozensus erhoben und damit nur eingeschränkt mit Vorjahren vergleichbar.
- Verstärkte Zuwanderung in 2022 ist im Mikrozensus nicht vollständig abgebildet, was möglicherweise Effekte auf die Interpretation von Ergebnissen haben kann.
Die Einschränkungen bei der Erhebungsdurchführung des Mikrozensus aus den Jahren 2020 und 2021 waren im Erhebungsjahr 2022 nicht mehr gegeben. Das heißt, die anfänglichen technischen Schwierigkeiten nach der methodischen Neugestaltung des Mikrozensus im Jahr 2020 sowie die Auswirkungen der Corona-Krise hatten keine nennenswerten Effekte auf den Mikrozensus 2022. Dies zeigt sich unter anderem in der Ausfallquote, die gegenüber den Ausfallquoten der letzten beiden Jahre weiter reduziert werden konnte. Die Ausfallquote liegt bei den Endergebnissen aus dem Mikrozensus 2022 auf Bundesebene bei ca. 8 % (Erstergebnisse ca. 11 %) und damit deutlich niedriger als bei den Endergebnissen 2020 und 2021 (Endergebnis 2021: 14 %; Endergebnis 2020: 35 %).
Erstmals im neu gestalteten Mikrozensus wurde das Zusatzprogramm "Wohnsituation" erhoben. Die Fragen aus diesem Zusatzprogramm werden nur alle vier Jahre im Mikrozensus gestellt, das heißt zuletzt in 2018 und somit vor der methodischen Neugestaltung. Aufgrund der erstmaligen Durchführung im neuen Mikrozensus sind die Ergebnisse aus dem Zusatzprogramm von methodischen Neuerungen betroffen, die eine Vergleichbarkeit mit den Ergebnissen früherer Erhebungen stark einschränken.
Beim Mikrozensus 2022 ist insgesamt zu berücksichtigen, dass sich die verstärkte Zuwanderung im Jahr 2022, vor allem in Folge des russischen Angriffs auf die Ukraine, auf die Ergebnisse auswirken kann: Bei der Hochrechnung werden ausgewählte Merkmale des Mikrozensus an Eckwerte der Bevölkerungsfortschreibung angepasst, unter anderem an die Staatsangehörigkeit. Aufgrund des starken Zuzugs wurden 2022 Schutzsuchende aus der Ukraine im Mikrozensus nicht vollständig erfasst. In der laufenden Bevölkerungsfortschreibung werden diese Personengruppen hingegen über die Meldungen der Meldeämter berücksichtigt. Bei der Interpretation der Ergebnisse zur Bevölkerung ohne deutsche Staatsangehörigkeit sollte deshalb beachtet werden, dass die unterschiedlichen ausländischen Staatsangehörigkeiten (vor allem EU-Drittstaaten) ggf. überschätzt werden und insbesondere die ukrainische Staatsangehörigkeit unterschätzt wird. Zudem kann dies auch Effekte auf andere Merkmale des Mikrozensus haben, z. B. auf die Haushaltsstruktur und die Bildungsabschlüsse.
Einen umfassenden Überblick über die Merkmale im Mikrozensus 2022 bietet ein thematisch und alphabetisch sortiertes Glossar .
Für den neu gestalteten Mikrozensus ab 2020 wurde ein komplett neues IT-System aufgebaut, dessen Einführung von technischen Problemen begleitet war. Einzelne technische Herausforderungen setzten sich noch im Erhebungsjahr 2021 fort. Diese führten gemeinsam mit den zum Teil fortdauernden Auswirkungen der Corona-Pandemie zu Einschränkungen bei der Erhebungsdurchführung. Zusammengenommen waren die Effekte jedoch deutlich weniger stark als im Jahr 2020 – Auswertungseinschränkungen können ggf. in tiefen fachlichen oder regionalen Gliederungen dennoch auftreten.
Die durchschnittliche Ausfallquote für die Endergebnisse aus dem Mikrozensus 2021 liegt auf Bundesebene bei ca. 14 % (Erstergebnisse ca. 17 %). Dieser Wert ist deutlich niedriger als 2020 (ca. 38 %; Endergebnis ca. 35 %). Somit liegt eine Qualitätsverbesserung der Jahresergebnisse 2021 im Vergleich zu 2020 vor.
Zur Verkürzung des Zeitraums zwischen Ende des Erhebungsjahres und Ergebnisbereitstellung werden ab dem Erhebungsjahr 2020 zwei Ergebnisarten – Erst- und Endergebnisse – unterschieden. Sowohl Erst- als auch Endergebnisse beruhen auf vollständig aufbereiteten und validierten Daten.
Die Endergebnisse basieren im Gegensatz zu den Erstergebnissen auf einer höheren Anzahl befragter Haushalte. Dies ist dadurch bedingt, dass auch nach Ende eines Erhebungsjahres fehlende Haushalte nach Erinnerungen/Mahnungen noch Auskunft geben. Dieses Datenmaterial wird zudem an einem aktualisierten Bevölkerungseckwert hochgerechnet. Durch den größeren Stichprobenumfang und die aktualisierte Hochrechnung können ggf. Abweichungen gegenüber den Erstergebnissen entstehen.
Als repräsentative Haushaltsbefragung liefert der Mikrozensus seit über 60 Jahren Daten zur Bevölkerungsstruktur sowie zur wirtschaftlichen und sozialen Lage der Bevölkerung. Dazu werden jährlich 1 % der Bevölkerung zu Themen wie Familie, Lebenspartnerschaft, Lebenssituation, Beruf und Ausbildung befragt. Die bewährte Konzeption des Mikrozensus als Mehrthemenbefragung wurde zur Erfüllung höherer Anforderungen an die Datenqualität stetig weiterentwickelt. So sind bereits seit 1968 die EU-weit gestellten Fragen zur Arbeitsmarktbeteiligung (Arbeitskräfteerhebung, Labour Force Survey, LFS) in den Mikrozensus integriert.
Steigende nationale sowie europäische Anforderungen an die Genauigkeit, Aktualität und Vergleichbarkeit der Daten sind mit einer stärkeren Belastung für die Bevölkerung sowie die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder verbunden. Daher werden bestehende Gemeinsamkeiten zwischen den verschiedenen Befragungen genutzt, um die höheren Anforderungen zu erfüllen und zugleich die Mehrbelastungen zu begrenzen. Dies geschieht in einem integrierten Mikrozensus.
Weitere Information finden Sie in nachstehenden Abschnitten:
Der Weg zum integrierten Mikrozensus
Die Basis des neuen, integrierten Mikrozensus bildet das Mikrozensusgesetz (MZG) vom Dezember 2016. Um die Belastung der Bevölkerung trotz steigender Anforderungen an die Daten zu reduzieren, sieht das MZG einige Änderungen vor. Die bisher separat durchgeführten Befragungen zu Einkommen und Lebensbedingungen und zur Nutzung von Informations- und Kommunikationstechnologien werden in den Mikrozensus integriert, um den nationalen und europäischen Anforderungen gerecht zu werden. Es werden zum Beispiel Ergebnisse unterhalb der Bundesländer-Ebene zu den Themen Einkommen und Lebensbedingungen benötigt. Zugleich soll eine verbesserte unterjährige Berichterstattung für EU-weit vereinheitlichte Daten zur Arbeitsmarktbeteiligung erfolgen. Die höheren Anforderungen lassen sich nur mit einer Erhöhung des Stichprobenumfangs sowie Wiederholungsbefragungen auch innerhalb eines Kalenderjahres erreichen.
Grundkonzept des integrierten Mikrozensus
Die Leitidee des Mikrozensus ab 2020 besteht darin, die bisher separat durchgeführten Befragungen als eine Erhebung zu denken. Daraus folgt eine amtliche Haushaltsstatistik, in der die Befragung zur Arbeitsmarktbeteiligung, zu Einkommen und Lebensbedingungen sowie zu Informations- und Kommunikationstechnologien einzelne Unterstichproben der 1-prozentigen Mikrozensus-Stichprobe bilden.
Da sich die verschiedenen Befragungen inhaltlich überschneiden, ermöglicht die Integration der Erhebungen, die jeweiligen Fragenprogramme zusammenzufassen. Die Mikrozensus-Befragung besteht daher künftig aus einem verkürzten Kernfrageprogramm und weiteren Erhebungsteilen. Das Kernprogramm und die verschiedenen Erhebungsteile werden nicht modular hintereinander erhoben, sondern das resultierende Frageprogramm verzahnt die Inhalte thematisch.
Die Fragen des Kernprogramms werden allen zufällig ausgewählten Haushalten gestellt. Die Fragen der weiteren Erhebungsteile werden nur einem Teil aller Mikrozensus-Haushalte – den sogenannten Unterstichproben – gestellt. Jeder Haushalt ist höchstens in einer der Unterstichproben zu finden. Aufgrund der gestiegenen Bedeutung von verlässlichen Daten zur sozialen Teilhabe wird dabei das Grundprinzip der Auskunftspflicht auf wesentliche Teile der neu integrierten Erhebungsinhalte übertragen.
Alle Haushalte werden weiterhin bis zu viermal beim Mikrozensus befragt. Für Haushalte der Unterstichprobe zur Arbeitsmarktbeteiligung findet die Befragung nicht einmal, sondern zweimal innerhalb eines Kalenderjahres statt (unterjährige Wiederholungsbefragung). Dadurch können künftig saisonale Schwankungen besser als bisher erfasst werden. Um die Belastung der Befragten gering zu halten, konzentriert sich die unterjährige Wiederholungsbefragung auf die Merkmale, die für Veränderungsmessungen auf dem Arbeitsmarkt maßgebend sind. Ergänzende Strukturmerkmale werden nur bei jeder zweiten Befragung und somit weiterhin nur einmal im Jahr erhoben.
Neue Themenfelder im Mikrozensus
Die Bundesregierung hat sich im Rahmen der EU2020-Strategie verpflichtet, der Bekämpfung von Armut und sozialer Ausgrenzung einen besonderen Stellenwert zuzuschreiben. Daher ist die Erkenntnis über Armutsgefährdung von großer Bedeutung. Durch die Einbindung der Befragung zu Einkommen und Lebensbedingungen in den Mikrozensus wird der Fokus auf Einkommensverteilung, Armut, soziale Ausgrenzung und Lebensbedingungen (Wohnen, Zugang zu Dienstleistungen, Lebensqualität) gelenkt.
Weitere neue Themenfelder zum Internetzugang und der Internetnutzung resultieren aus der Integration der Erhebung zu Informations- und Kommunikationstechnologien in den Mikrozensus. Die Schwerpunkte dieses Erhebungsteils liegen auf Fragen zu Art, Häufigkeit und ausgewählten Zwecken der Internetnutzung (zum Beispiel E-Commerce, E–Government, Internetsicherheit, digitale Fähigkeiten oder Internet der Dinge). Zusätzlich werden Informationen darüber erhoben, welche Bedenken und Hindernisse Menschen von der Ausführung bestimmter Internetaktivitäten abhalten (zum Beispiel Online-Käufe oder Herausgabe persönlicher Informationen über soziale Medien im Internet).
Zudem wurden die Inhalte des nationalen Zusatzprogramms "Wohnen" durch das MZG erweitert. In 2018 wurden erstmals Angaben zur Barrierereduktion erhoben. Zu diesem Zusatzprogramm wird aufgrund seiner Bedeutung für wohnungspolitische Entscheidungen und des Bedarfs an detaillierten Ergebnissen alle vier Jahre die gesamte 1 %-Stichprobe befragt.
Eine weitere Veränderung ist seit Einführung des neuen MZG die Erfassung des erweiterten Migrationshintergrundes, das heißt, ob mindestens ein Elternteil über einen Migrationshintergrund verfügt oder nicht. Bis einschließlich 2016 lagen entsprechende Informationen nur alle vier Jahre vor oder wenn die Eltern im gleichen Haushalt lebten.
Neue Wege der Datengewinnung
Die Einführung neuer Befragungsinstrumente und ein Multi-Mode-Design erleichtern den Befragten die Teilnahme. So wird es ab 2020 erstmals möglich sein, den Mikrozensus online zu beantworten. Alternativ stehen den Befragten weiterhin das persönliche und telefonische Interview sowie der Papierfragebogen zur Verfügung. Die einzelnen Haushaltsmitglieder können ihre Antworten sowohl auf dem gleichen als auch auf unterschiedlichen Wegen (persönlich, telefonisch, online, schriftlich-postalisch) übermitteln.
Fazit und Ausblick
Die weiterentwickelte Erhebung des Mikrozensus und die Einführung zusätzlicher Erhebungsmodi ermöglichen zeitgemäße Haushaltsstatistiken und berücksichtigen Aspekte der Datenqualität sowie der Effizienz. Zudem vermeidet die Integration der Erhebungen in den Mikrozensus parallele Erhebungen zu teilweise ähnlichen Themen. Dies reduziert Unstimmigkeiten und Redundanzen in den Daten sowie mehrfache Aufwände und Mehrkosten.
Weitere Informationen
Ausführliche Informationen zu den Änderungen beim Mikrozensus beschreibt der Aufsatz "Die Neuregelung des Mikrozensus ab 2020", erschienen im Wirtschaftsmagazin "WISTA - Wirtschaft und Statistik", 6/2019.