Seit der deutschen Vereinigung im Jahr 1990 erlebt Deutschland gerade den dritten Geburtenrückgang. Im Jahr 2024 wurden nach der aktuellen Schätzung etwa 680 000 Kinder geboren. Das war der niedrigste Wert seit 2014. Zum ersten Mal sanken die Geburtenzahlen zwischen 1990 und 1995 von 905 675 auf 765 221 Kinder um 16 %. Obwohl damals die stark besetzte Generation der Babyboomer im wichtigen fertilen Alter zwischen 25 und 39 Jahren war, konnte die hohe Zahl potenzieller Eltern die schnell sinkende Geburtenrate (zusammengefasste Geburtenziffer) nicht kompensieren. In Ostdeutschland führten soziale und wirtschaftliche Transformationsprozesse sogar zur Halbierung der zusammengefassten Geburtenziffer von 1,53 Kindern je Frau im Jahr 1990 auf 0,78 Kinder je Frau im Jahr 1994 (niedrigster Stand in Ostdeutschland). In Westdeutschland sank die Geburtenhäufigkeit weniger stark von 1,46 Kindern je Frau im Jahr 1990 auf 1,34 Kinder je Frau im Jahr 1995 (- 8 %; die Geburtenrate in Westdeutschland war im Jahr 1995 auf dem niedrigsten Stand).
Nach einer kurzen Erholungsphase in den Jahren 1996 und 1997, in der die Geburtenzahl in beiden Teilen Deutschlands anstieg, begann der bisher längste und gravierendste Geburtenrückgang, der von 1998 bis 2011 andauerte. Seine wichtigste Ursache war die abnehmende Zahl potenzieller Mütter. Anstelle der stark besetzten Babyboom-Jahrgänge kamen die zahlenmäßig deutlich kleineren Jahrgänge der 1970er-Jahre in das wichtige fertile Alter. Die Geburtenrate war zugleich in Westdeutschland leicht rückläufig beziehungsweise konstant. In Ostdeutschland nahm sie sogar kontinuierlich zu. Trotzdem sank die Zahl der Lebendgeborenen in Deutschland von 770 744 im Jahr 1999 auf 662 685 in 2011 um insgesamt 14 %.
Der darauffolgende Geburtenanstieg zwischen 2012 und 2016 ging vor allem mit steigenden Geburtenraten einher. Günstige Rahmenbedingungen wie stabile wirtschaftliche Entwicklung und ein lang erwarteter Ausbau der Kleinkinderbetreuung in Westdeutschland sowie die Einführung des Elterngelds im Jahr 2007 haben vielen Paaren die Realisierung ihrer Kinderwünsche erleichtert. Die Kinderlosenquote stieg nicht weiter an und viele Familien haben Zuwachs an zweiten und weiteren Kindern bekommen. Die Geburtenraten der „neuen“ Zuwanderinnen-Gruppen (dazu gehörten unter anderem Zugewanderte aus Rumänien und Bulgarien, für die ab 2014 die Freizügigkeit in der EU galt, sowie Schutzsuchende aus Syrien und Afghanistan) nahmen deutlich zu. Zugleich nahm die Zahl potenzieller Mütter zu, da einerseits die Kinder der Babyboomer das fertile Alter erreichten und andererseits die Nettozuwanderung junger Erwachsener deutlich zunahm. Die Geburtenzahl stieg bis 2016 auf 792 141, was einem Zuwachs um 20 % gegenüber 2011 entsprach. Dieser steigende Trend kam allerdings im Jahr 2017 zum Stoppen.
Zuerst gingen zwischen 2017 und 2020 die Geburten der ersten Kinder zurück, die rund 47 % zu allen Lebendgeborenen beitragen. Die Geburten der zweiten und weiteren Kinder stagnierten noch bis 2021 auf einem relativ hohen Niveau. Ab 2022 nahmen dann alle Geburtenzahlen unabhängig von der Geburtenfolge deutlich ab. Im Jahr 2023 lag die Zahl der Lebendgeborenen mit 692 989 um 23 % niedriger als 1990 und entsprach der durchschnittlichen Geburtenzahl der 2000er-Jahre. Der Grund dafür waren die niedrigen Geburtenraten, während die Altersstruktur, zumindest in Westdeutschland, eher stabilisierend wirkte. In Ostdeutschland sanken dagegen seit 2017 sowohl die Geburtenrate als auch die Zahl der potenziellen Mütter im Alter zwischen 25 und 39 Jahre fast kontinuierlich. Die Geburtenzahl in Ostdeutschland war 2023 um 52 % niedriger als 1990 und damit fast auf dem Niveau des Jahres 1995.