Bevölkerungsstand Ausländische Bevölkerung

Das Statistische Bundesamt veröffentlicht Zahlen zur ausländischen Bevölkerung und deren demografischer Struktur aus mehreren Quellen. Einerseits liefert die Bevölkerungsfortschreibung demografische Angaben (Staatsangehörigkeit, Geschlecht, Alter und Familienstand). Andererseits liefert das Ausländer­zentralregister (AZR) neben demografischen Angaben zusätzlich Angaben zum Aufenthaltsstatus und zur Aufenthaltsdauer. Die Bestandszahlen über Ausländerinnen und Ausländer gemäß den Auswertungen des AZR und den Ergebnissen der Bevölkerungs­fortschreibung weichen infolge unterschiedlicher inhaltlicher Abgrenzungen, Berichtswege und Erfassungsverfahren voneinander ab.

Welche Ausländerzahlen (Bevölkerungs­fortschreibung oder AZR) zu nutzen sind, hängt von den zu untersuchenden Merkmalen ab: Die Daten der Bevölkerungs­fortschreibung sind dann nützlich, wenn demografische Angaben bzw. Vergleiche mit der deutschen oder der gesamten Bevölkerung benötigt werden. Die Daten des AZR sind vorzuziehen, wenn aufenthalts­bezogene Angaben (Aufenthalts­titel oder -dauer) im Vordergrund stehen bzw. Daten nach einzelnen Staats­angehörigkeiten unterhalb der Landesebene benötigt werden.

Unterschiede zwischen Bevölkerungs­fortschreibung und AZR

Die inhaltlichen Abgrenzungen, Berichtswegen und Erfassungs­verfahren beider Quellen unterscheiden sich in folgender Hinsicht:

Die Bevölkerungs­fortschreibung stellt zwischen den Volkszählungen die einzige Quelle für ein umfassendes Bild der Gesamt­bevölkerung in Deutschland und deren demografischer Struktur dar. Bis 2010 wurde bei der Staats­angehörigkeit lediglich zwischen deutscher und nicht-deutscher Staatsangehörigkeit unterschieden, ab 2011 werden zusätzlich bis auf Landesebene einzelne ausländische Staats­angehörigkeiten nachgewiesen.

Aufgabe des AZR ist es hingegen, die mit der Durchführung ausländer- und asylrechtlicher Vorschriften betrauten Behörden durch die Speicherung und Übermittlung der gespeicherten Daten zu unterstützen. Die AZR-Angaben werden von der amtlichen Statistik als Ergänzung für in der Bevölkerungs­fortschreibung nicht enthaltene Merkmale (Aufenthaltsdauer, Aufenthaltsstatus, Staatsangehörigkeit bis 2010 bzw. auf Kreisebene) ausgewertet und bereitgestellt.

Erfassung von Ausländerinnen und Ausländern

In der Bevölkerungs­fortschreibung werden Personen nach melderechtlichen Bestimmungen erfasst. Insbesondere werden alle aus dem Ausland zuziehenden Personen, die sich bei den Melde­behörden anmelden, ohne Zeit­kriterium gezählt. Zwar besteht keine Meldepflicht für kurzfristige Aufenthalte (je nach Landes­regelungen von 2 Wochen bis zu 2 Monaten, seit November 2015 bundesweit weniger als 3 Monate), Anmeldungen für kurzfristige Aufenthalte werden jedoch registriert.

Die Erfassung im AZR richtet sich nach ausländer­rechtlichen Bestimmungen. So erfasst das AZR Ausländerinnen und Ausländer, die sich nicht nur vorübergehend, d.h. in der Regel länger als 3 Monate, in Deutschland aufhalten. Umgehend registriert werden Personen, sobald sie ein Asylgesuch äußern oder einen Aufenthaltstitel beantragen oder es einen sonstigen aufenthaltsrechtlichen Anlass gibt. Somit können Personen, die melderechtlich nicht erfasst sind, im AZR enthalten sein und umgekehrt melderechtlich erfasste Personen im AZR nicht aufgeführt sein. Ein unmittelbarer Vergleich der Ergebnisse aus diesen beiden Quellen ist damit nicht möglich.

Abweichungen zwischen beiden Verfahren

Die erste deutliche Abweichung resultiert aus einer systeminternen Register­bereinigung des AZR zwischen 2000 und 2003. Bei dieser Register­bereinigung wurde der Gesamtbestand des AZR mit dem Bestand der örtlichen Ausländer­behörden (ABH) abgeglichen. Im Ergebnis verringerte sich der Ausländer­bestand des AZR um 617 750 (-8,4 %).

Eine zweite strukturelle Abweichung zwischen Ausländerzahl nach AZR und Bevölkerungs­fortschreibung ereignete sich im Jahr 2011. Mit dem Zensus 2011 wurde der Bevölkerungsstand erstmals seit 1987 (früheres Bundesgebiet) bzw. 1990 (neue Bundesländer) neu justiert und die Zahl der ausländischen Bevölkerung in Deutschland um etwa 1 079 000 Personen (-14,8 %) nach unten revidiert. Eine entsprechende Korrektur im AZR ist weder rechtlich noch technisch möglich (Rückspielverbot laut BVerfGE 65, 1 S. 61 ff. und ZensusG § 15 Absatz 2 und Absatz 3).

Somit wurden in beiden Datenquellen zu unterschiedlichen Zeitpunkten Berichtigungen in unterschiedlichem Umfang vorgenommen. Während die Register­bereinigung im AZR im Jahr 2004 systemintern war, ist die Bereinigung durch den Zensus 2011 als wesentlich umfangreicher zu betrachten. Dadurch lagen erstmalig nach dem Zensus 2011 die Ausländerzahlen nach dem  AZR über der Bevölkerungs­fortschreibung. Die Bestands­zahlen weichen zwischen 2011 und 2014 vergleichsweise konstant um etwa 600 000 Personen voneinander ab. Im Jahr 2015 verminderte sich die Differenz kurzfristig auf rd. 460 000 Personen, was auf den unterschiedlichen Vollständigkeitsgrad der Erfassung  von Schutz­suchenden in den Melde- und Ausländer­registern Ende 2015 zurückzuführen sein dürfte. Zum Stichtag 31.12.2016 vergrößerte sich der Abstand auf ca. 820 000 Personen. Ein wesentlicher Grund ist, dass deutlich mehr Fortzüge ins Ausland bzw. nach Unbekannt in der Bevölkerungs­fortschreibung verarbeitet wurden als im AZR. Dies hat vermutlich mehrere Ursachen. So wird ein unterschiedlicher Stand  der Register­bereinigungen in Zusammenhang mit Schutz­suchenden in beiden Datenquellen vermutet. Zudem könnten Unstimmigkeiten in der melde­rechtlichen Behandlung von Schutz­suchenden (siehe methodische Hinweise für das Berichtsjahr 2016) eine Rolle spielen.  

Bestands­zahlen nach Einzelstaats­angehörigkeiten

Die Differenz zwischen den Eckzahlen zur ausländischen Bevölkerung aus der Bevölkerungs­fortschreibung und aus dem AZR führt auch zu unterschiedlichen Bestands­zahlen nach Einzelstaats­angehörigkeiten. Ferner können Unterschiede in den Rang­ordnungen des Bevölkerungs­standes nach Einzelstaats­angehörigkeiten zwischen AZR und Bevölkerungs­fortschreibung aus weiteren Gründen resultieren. Dies ist der Fall, wenn verhältnis­mäßig viele Ausländerinnen und Ausländer aus einem Land sich nur vorüber­gehend in Deutschland aufhalten und deshalb im AZR nicht erfasst werden. Außerdem können Differenzen aus einer Teilung von Staaten aufgrund unter­schiedlicher Aktualität des Merkmals Staats­angehörigkeit zwischen AZR und Bevölkerungs­fortschreibung entstehen. Darüber hinaus gibt es differierende Hand­habungen, wenn Personen mehrere Staats­angehörigkeiten führen.