Wie hoch ist der Anteil der Selbstständigen, die nur einen Auftraggeber oder Kunden haben?
Selbstständige, die nur einen Auftraggeber oder Kunden haben, sind in besonderer Weise abhängig von diesem Kunden und genießen kaum unternehmerische Freiheiten. Durch diese Bindung an einen einzigen Kunden ist nicht mehr klar abzugrenzen, ob es sich tatsächlich um Selbstständige oder um abhängig beschäftigte Arbeitnehmer handelt. Für Selbstständige in solchen Arbeitsformen besteht die Gefahr, die Freiheiten im Bereich der Arbeitszeitgestaltung, Umsetzung von Ideen oder Konzepten und bei der Preisgestaltung zu verlieren und bei Sicherheitsaspekten wie Sozial- und Krankenversicherung einzubüßen.
Der Indikator zeigt den Anteil der Selbstständigen, die nach eigenen Angaben nur einen Auftraggeber oder Kunden haben, an allen Erwerbstätigen im Alter von über 15 Jahren.
0,7 % der Erwerbstätigen sind Selbstständige mit nur einem Kunden
2017 waren 0,7 % aller Erwerbstätigen im Alter ab 15 Jahren Selbstständige mit nur einem Kunden. Diese Zahl erscheint sehr gering, es betrifft nahezu 300 000 Personen. Gemessen an allen Selbstständigen handelt es sich um einen Anteil von 6,9 %. Die weiteren Ergebnisse zeigen ebenfalls den Anteil an allen Selbstständigen.
Die Unterschiede sind geschlechtsspezifisch: 7,9 % der selbstständigen Frauen haben nur einen Kunden oder Auftraggeber, bei den Männern sind 6,5 % betroffen. Der Anteil der Selbstständigen in Teilzeit mit nur einem Kunden oder Auftraggeber ist mit 16,8 % noch höher und erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um keine einkommens- und zukunftssichernde Beschäftigungsform handelt.
Ob sich der Anteil dieser Gruppe erhöht, wie es sich in anderen europäischen Ländern in den vergangenen Jahren gezeigt hat, ist bisher noch nicht zu erkennen, da die Merkmale für Deutschland erstmalig im Jahr 2017 erhoben wurden.
Deutlich zu erkennen ist im Ländervergleich, dass diese Arbeitsform in Deutschland nicht so häufig vorkommt, wie in anderen europäischen Ländern. In der Slowakei haben 23,0 % der Selbstständigen nur einen Kunden oder Auftraggeber, aber auch in Italien (13,5 %) und Großbritannien (12,5 %) scheint das Phänomen deutlich stärker verbreitet. In der Schweiz, Dänemark und in Kroatien haben rund 3 % der Selbstständigen nur einen Kunden.
Land | Anteil an allen Selbstständigen |
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Quelle: Ergebnis der Arbeitskräfteerhebung. | |
Europäische Union - 28 Länder | 9,0 |
Slowakei | 23,0 |
Türkei | 14,6 |
Bulgarien | 13,8 |
Italien | 13,5 |
Vereinigtes Königreich | 12,5 |
Island | 12,0 |
Zypern | 11,3 |
Norwegen | 10,3 |
Lettland | 10,0 |
Irland | 9,9 |
Slowenien | 9,8 |
Rumänien | 9,6 |
Luxemburg | 9,3 |
Polen | 9,0 |
Österreich | 7,7 |
Schweden | 7,2 |
Deutschland | 6,9 |
Tschechien | 6,8 |
Griechenland | 6,8 |
Malta | 6,5 |
Belgien | 6,5 |
Finnland | 6,4 |
Estland | 6,4 |
Spanien | 6,2 |
Niederlande | 5,6 |
Portugal | 5,4 |
Frankreich | 5,3 |
Litauen | 5,1 |
Ungarn | 4,5 |
Schweiz | 3,3 |
Dänemark | 3,2 |
Kroatien | 3,1 |
Informationen zum Indikator
Beschreibung/Definition
Anteil der Selbstständigen (15 Jahre und älter) mit nur einem Kunden oder Auftraggeber an allen Erwerbstätigen (15 Jahre und älter).
Anteil der Selbstständigen (15 Jahre und älter) mit nur einem Kunden oder Auftraggeber an allen Selbstständigen (15 Jahre und älter).
Quelle
Arbeitskräfteerhebung (Ad hoc Modul 2017)
Hinweise zur Interpretation
Betrachtet werden hier Selbstständige mit nur einem Kunden. Dieses Merkmal ist international vergleichbar und liefert Hinweise dafür, dass diese Untergruppe der Selbstständigen möglicherweise ein Arbeitsverhältnis aufweist, das einer abhängigen Beschäftigungsform ähnlich ist. Was die Zahlen nicht widerspiegeln sind Ergebnisse zur Scheinselbstständigkeit, da hierfür weitere Kriterien betrachtet werden müssten.
Die Arbeitskräfteerhebung wurde in den vergangenen Jahren hinsichtlich der Erfassung des Erwerbsstatus kontinuierlich methodisch verbessert. Dadurch sind Zeitvergleiche teilweise eingeschränkt. Methodische Veränderungen mit Auswirkungen auf die Ergebnisse wurden insbesondere in den Jahren 2005 und aktuell für die Jahre ab 2011 durchgeführt. Die Ergebnisse in diesen Jahren sind daher nur eingeschränkt mit den Vorjahren vergleichbar.
Die aktuelle Veränderung berücksichtigt in der Hochrechnung die Bevölkerungseckwerte aus der Fortschreibung des mit Stichtag 9. Mai 2011 durchgeführten Zensus und revidiert die Ergebnisse ab dem Jahr 2010. Ab dem Berichtsjahr 2016 basiert die Stichprobe des Mikrozensus auf den Daten des Zensus 2011. Durch diese Umstellung ist die Vergleichbarkeit der Ergebnisse des Mikrozensus 2016 mit den Vorjahren eingeschränkt.
Weitere Informationen hierzu finden Sie im Bereich Methoden: Qualitätsberichte und Erläuterungen.
Weitere Ergebnisse im Aufsatz Günther, L.; Marder-Puch, K.: Selbstständigkeit – Methoden und Ergebnisse des Ad-Hoc-Moduls zur Arbeitskräfteerhebung 2017. In: Wirtschaft und Statistik 1/2019, S. 116-131.