Mit der Erwerbstätigenrechnung im Rahmen der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (ETR) und dem Mikrozensus (MZ) stehen in Deutschland zwei wichtige Statistiken zur Ermittlung der Zahl der Erwerbstätigen zur Verfügung. Die Ergebnisse von Mikrozensus und Erwerbstätigenrechnung weichen allerdings voneinander ab. Für das Jahr 2023 weist der Mikrozensus 2,7 Mill. Erwerbstätige weniger aus als die Erwerbstätigenrechnung.
Die Abweichungen sind vor allem auf Unterschiede der in beiden Statistiken eingesetzten Methoden und Verfahren zurückzuführen, basieren aber in Teilen auch auf nicht vollständig übereinstimmenden Definitionen. Eine Überleitungstabelle veranschaulicht die Hintergründe der Abweichungen. Definitorisch weichen Mikrozensus und Erwerbstätigenrechnung vor allem bei der Abgrenzung von Erwerbstätigen ab, die ihre Tätigkeit unterbrochen haben. Methodisch ist bedeutsam, dass die Erwerbstätigenrechnung zur Berechnung der Zahl der Erwerbstätigen etwa 60 erwerbsstatistische Datenquellen heranzieht, während der Mikrozensus als Haushaltsbefragung auf den Angaben der Befragten basiert. Vor diesem Hintergrund erklärt sich, dass Abweichungen vor allem im Bereich der marginalen Beschäftigung zu finden sind. Erfahrungsgemäß kann etwa die Erfassung kleinerer (Neben-)Jobs oder von Tätigkeiten im Graubereich zur Schwarzarbeit in Haushaltsbefragungen problematisch sein. In der Erwerbstätigenrechnung werden für statistisch schwierig zu erfassende Bereiche (z. B. im Bereich der häuslichen Dienste) Zuschätzungen vorgenommen.
Die Überleitungstabelle beziffert die Abweichungen zwischen der Erwerbstätigenrechnung und dem Mikrozensus. Ausgehend vom Ergebnis der Erwerbstätigenrechnung werden zunächst die durch definitorische Unterschiede bedingten Abweichungen dargestellt. So verzeichnet die Erwerbstätigenrechnung beispielsweise 493 000 Erwerbstätige mehr als der Mikrozensus, da sie Erwerbstätige vollständig erfasst, die ihre Tätigkeit unterbrochen hatten, während der Mikrozensus Unterbrecher zählt, die eine Lohnfortzahlung erhalten oder deren Abwesenheit kürzer als drei Monate dauert. Zusätzlich beinhaltet die Erwerbstätigenrechnung auch erwerbstätige Personen in Gemeinschaftsunterkünften und unter 15-Jährige Erwerbstätige. Nach den definitorischen Abweichungen werden die methodisch bedingten Abweichungen dargestellt. Hierzu werden - untergliedert nach der Stellung im Beruf - die Abweichungen des Mikrozensus im Vergleich zu wichtigen Quellen der Erwerbstätigenrechnung sowie die im Rahmen der Erwerbstätigenrechnung vorgenommenen Zuschätzungen aufgeführt. In einem letzten Schritt werden am Ende der Tabelle noch die Abweichungen zwischen dem Mikrozensus und der integrierten EU-Arbeitskräfteerhebung dargestellt.
Weitere Informationen zu den Hintergründen der Ergebnisabweichungen bis zum Jahr 2019 finden sich in den WiSta-Aufsätzen Körner/Marder-Puch, Heft 4/2015 und Körner/Puch, Heft 6/2009. Informationen zu Änderungen im Mikrozensus 2020 finden sich im WiSta-Aufsatz Hundenborn/Enderer, Heft 6/2019. Die neue Konzeption des Mikrozensus bringt weitere Ergebnisunterschiede zwischen den Ergebnissen der ETR und des Mikrozensus mit sich. Auswirkungen durch die geänderte Erfassung der Erwerbstätigen aufgrund der im Jahr 2021 in Kraft getretenen EU-Verordnung (EU) 2019/2240 werden in zwei WiSta-Aufsätzen von Marder-Puch, Heft 3/2023, erörtert.
Die Erwerbstätigenrechnung wird mit Priorität zur Betrachtung der Erwerbstätigkeit im Kontext der gesamtwirtschaftlichen und konjunkturellen Entwicklung verwendet, während der Mikrozensus mit der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Merkmale insbesondere für die Betrachtung der Situation bei einzelnen Bevölkerungsgruppen, für themenübergreifende Analysen und für internationale Vergleiche genutzt wird.
in 1 000 | Gegenstand der Nachweisung | ||||
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1: Quelle: Beschäftigungsstatistik. 2: Ab 2017 werden im Mikrozensus keine Erwerbstätigen in Gemeinschaftsunterkünften mehr erfasst. Der Wert basiert auf einer Schätzung der im Mikrozensus enthaltenen Gemeinschaftsunterkünfte 2021 bis 2023. 3: Quelle: Mikrozensus. Ab 2020 werden Mikrozensus und der Erwerbstätigenrechnung abweichende Haus-halts-ab-grenzungen verwendet. 4: Quelle: Mikrozensus. 5: Quelle: Personalstandstatistik, BMVg, Bahn AG, Post, Telekom, Kirchen. 6: Quelle: Mikrozensus. Ab 2020 wird die Arbeitskräfteerhebung als Substichprobe des Mikrozensus erhoben. Daraus ergeben sich unterschiedliche hochgerechnete Ergebnisse. Informationen zur Tabelle: Rundungsbedingte Differenzen in den Summen möglich. Stand: September 2024. | |||||
45 800 | Erwerbstätigenrechnung - Erwerbstätige am Wohnort | ||||
- 252 | Definitiorische Abweichungen | - 33 | Erwerbstätige im Alter unter 15 Jahren1 | ||
- 105 | Erwerbstätige in Gemeinschaftsunterkünften2 | ||||
+ 165 | Erwerbstätige mit anderer Haushaltsabgrenzung3 | ||||
- 290 | Personen mit Arbeitsverhältnis, die ihre Tätigkeit für mehr als drei Monate unterbrochen haben (Lohnfortzahlung unter 50%)4 | ||||
+ 11 | Erwerbstätige in extraterritorialen Organisationen4 | ||||
- 2 434 | Methodisch bedingte Abweichungen | - 1 501 | Saldo der Abweichungen zwischen den Hauptquellen der ETR und dem MZ nach Stellung im Beruf | - 356 | Voll sozialversicherungspflichtig Beschäftigte1 |
- 1 153 | Marginal Beschäftigte1 | ||||
+ 141 | Beamte und Soldaten5 | ||||
- 133 | Selbstständige und mithelfende Familienangehörige4 | ||||
- 933 | Saldo von Zu- und Abschlägen in der Erwerbstätigenrechnung | ||||
43 114 | Mikrozensus - Erwerbstätige in Hauptwohnsitzhaushalten | ||||
- 249 | Differenz aufgrund Stichprobenunterschieden und Altersabgrenzung6 | ||||
42 865 | Arbeitskräfteerhebung - Erwerbstätige in Hauptwohnsitzhaushalten |