Experimentelle Statistiken Experimentelle Konjunkturstatistik über Warengruppen im Lebensmitteleinzelhandel

Methodenbeschreibung

Erstmals erschienen am 23.02.2024
Zuletzt geändert am 19.04.2024

1 Allgemeine Angaben zur Statistik

1.1 Bezeichnung der Statistik

Experimentelle Konjunkturstatistik über Warengruppen im Lebensmitteleinzelhandel

1.2 Grundgesamtheit

Örtliche Einheiten (Filialen) von rechtlichen Einheiten mit Marktaktivitäten und Einrichtungen zur Ausübung einer freiberuflichen Tätigkeit (Unternehmen) mit dem WZ-Schlüssel 47.11 Einzelhandel mit Waren verschiedener Art, Hauptrichtung Nahrungs- und Genussmittel, Getränke und Tabakwaren der Klassifikation der Wirtschaftszweige, Ausgabe 2008 (WZ 2008) bzw. der europäischen Klassifikation der Wirtschaftszweige (NACE Rev. 2, "Nomenclature statistique des activités économiques dans la Communauté européenne") mit Hauptsitz in Deutschland im Berichtszeitraum.

1.3 Statistische Einheiten (Darstellungs- und Erhebungseinheiten)

Darstellungseinheiten sind Warengruppen gegliedert nach dem Zehnsteller der Klassifikation der Verwendungszwecke des Individualverbrauchs 1999 (COICOP: Classification of Individual Consumption by Purpose). Dazu werden Kassendaten ("Scannerdaten") von rund 2 250 Filialen ("Erhebungseinheiten") von Handelsketten des Lebensmitteleinzelhandels in Deutschland aufbereitet und analysiert, die die umsatzstärksten in ihren Landkreisen sind. Die Auswahl der Filialen basiert auf einem Verfahren aus der Preisstatistik des Statistischen Bundesamtes. Die erhobenen Filialen hatten im Basisjahr 2021 einen Umsatzanteil von rund 9 % an dem hochgerechneten Umsatz der WZ 47.11.

1.4 Räumliche Abdeckung

Bundesrepublik Deutschland

1.5 Berichtszeitraum/ -zeitpunkt

Berichtszeiträume sind die Kalenderwoche, der Kalendermonat, das Quartal, das Halbjahr und das Jahr. Alle Ergebnisse werden aus den Wochendaten berechnet. Berichtszeitpunkt für Wochendaten ist die Woche nach der Folgewoche der Berichtswoche.

1.6 Periodizität

Zeitreihen liegen wöchentlich ab Anfang 2021 vor. Eine Veröffentlichung erfolgt für Wochendaten alle zwei Wochen, für Monats-, Quartals-, Halbjahres- und Jahresdaten zur Veröffentlichung der letzten in den jeweiligen Berichtszeitraum eingehenden Kalenderwoche.

1.7 Rechtsgrundlagen und andere Vereinbarungen

Preisstatistikgesetz (PreisStatG) vom 20.12.2022:

  • § 7b Absatz 3 PreisStatG für die Übermittlung elektronischer Transaktionsdaten zu Zwecken der Preisstatistik
  • § 3 Absatz 1a PreisStatG für die Übermittlung von Umsätzen und Absätzen von Waren
  • § 7c PreisStatG für die Nutzung der erhobenen Daten außerhalb der Preisstatistik

1.8 Geheimhaltung

1.8.1 Geheimhaltungsvorschriften

Die erhobenen Einzelangaben werden nach § 16 Bundesstatistikgesetz (BStatG), in der jeweils gültigen Fassung, grundsätzlich geheim gehalten. Nur in ausdrücklich gesetzlich geregelten Ausnahmefällen dürfen Einzelangaben übermittelt werden. Die Namen und Adressen der liefernden Stellen werden in keinem Fall an Dritte weitergegeben. Nach § 16 Abs. 6 BStatG, in der jeweils gültigen Fassung, ist es möglich, den Hochschulen oder sonstigen Einrichtungen mit der Aufgabe unabhängiger wissenschaftlicher Forschung für die Durchführung wissenschaftlicher Vorhaben Einzelangaben dann zur Verfügung zu stellen, wenn diese so anonymisiert sind, dass sie nur mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand an Zeit, Kosten und Arbeitskraft dem Befragten oder Betroffenen zugeordnet werden können. Die Pflicht zur Geheimhaltung besteht auch für Personen, die Empfänger und Empfängerinnen von Einzelangaben sind.

1.8.2 Geheimhaltungsverfahren

Es muss kein Geheimhaltungsverfahren zum Einsatz kommen. Die Art der nachgewiesenen Merkmale (Index / Messzahl bzw. Veränderungsraten) in Verbindung mit der Aggregattiefe lassen eine Deanonymisierung der meldenden Filialen mit höchster Wahrscheinlichkeit nicht zu. Dennoch werden nur Zeiträume und geographische Einheiten bedient, in denen Daten von Filialen von mindestens drei Handelsketten vorliegen.

1.9 Qualitätsmanagement

1.9.1 Qualitätssicherung

Im Prozess der Statistikerstellung werden vielfältige Maßnahmen durchgeführt, die zur Sicherung der Qualität der Konjunkturergebnisse beitragen. Hierzu gehören eine regelmäßige Überprüfung der Codierung der Warengruppen gemäß COICOP, die Plausibilisierung der gelieferten Scannerdaten und die Evaluation der Kohärenz der experimentellen Konjunkturstatistik zu den Konjunkturergebnissen der Monatsstatistik im Einzelhandel, Bereich WZ 47.11. Die Methoden werden im Kapitel "Methodik" erläutert.

Die Maßnahmen zur Qualitätssicherung, die insbesondere bei der Aufbereitung und Analyse im Rahmen der Statistikerstellung ansetzen, werden bei Bedarf angepasst und um standardisierte Methoden der Qualitätsbewertung und -sicherung ergänzt. Zu den standardisierten Methoden zählt auch diese Metodenbeschreibung.

1.9.2 Qualitätsbewertung

Zuverlässige Konjunkturergebnisse liegen für COICOP-Zehnsteller im Lebensmitteleinzelhandel 12 Tage nach Abschluss einer Berichtswoche vor, und alle zwei Wochen werden diese Konjunkturergebnisse veröffentlicht. Die Stärken der experimentellen Konjunkturstatistik über Warengruppen im Lebensmitteleinzelhandel sind damit ihre Zuverlässigkeit trotz hoher Aktualität, hoher Frequenz und enormer fachlicher Gliederungstiefe bei der üblichen regionalen Gliederungstiefe im Bereich der amtlichen Konjunkturstatistiken. Dies wird erzielt durch die Nutzung neuer Datenquellen (Scannerdaten), neuer Lieferwege und einer neuen Aufbereitung. Insgesamt führen die neuen Datenquellen und Lieferwege in Kombination mit leistungsfähigen Plausibilisierungs- und Validierungsmethoden zu qualitativ hochwertigen Konjunkturergebnissen.

Wegen der bestehenden Abhängigkeit der experimentellen Konjunkturstatistik vom sich im Aufbau befindlichen Scannerdatenprojekt in der Preisstatistik des Statistischen Bundesamtes sind die Konjunkturergebnisse auf Lebensmittel beschränkt. Methodische Umstellungen beim Scannerdatenprojekt und Änderungen der handelsspezifischen Codes für Warengruppen können im Einzelfall die Ergebnisse dieser Konjunkturstatistik beeinflussen und zu Revisionen führen.

Die Bildung von Laspeyres-Indizes ist dem innovativen Charakter der Methodik zurückzuführen und wird verwendet, um von Anfang an robuste, zuverlässige Ergebnisse produzieren zu können, die von kurzfristigen Sortimentänderungen unabhängig sind. Als Konsequenz werden strukturelle Veränderungen im Umsatzverhältnis der einzelnen Warengruppen zueinander nicht abgebildet Ebenfalls aus Gründen der Stabilisierung wurde die Paarigkeit zur Vorjahreswoche, statt zu einem zeitlich kürzer in der Vergangenheit liegenden Zeitraum, wie der Vorwoche, oder dem Vormonat gewählt. Durch die Auswahl von Handelsketten von überregional herausragender Bedeutung in der WZ 47.11 und die große Anzahl verarbeiteter Datensätze wird die generelle Zuverlässigkeit der Ergebnisse sichergestellt.

Die bei der hohen Veröffentlichungsfrequenz nutzbaren Scannerdaten führen, gemessen am Umsatz der liefernden rechtlichen Einheiten, zu einem überproportional höheren Anteil des Geschäftstyps "Discounter" unter den Handelsketten, der mit Hilfe von Gewichtungsfaktoren kompensiert wird. Hieraus können Verzerrungen bei Absatzänderungen infolge von Inflation entstehen.

Aus den zuvor genannten Gründen erfolgt eine Veröffentlichung als "experimentelle Konjunkturstatistik".

2 Inhalte und Nutzerbedarf

2.1 Inhalte der Statistik

2.1.1 Inhaltliche Schwerpunkte der Statistik

Inhaltlicher Schwerpunkt ist die Darstellung der Absätze von Warengruppen des Lebensmitteleinzelhandels im Berichtszeitraum (wöchentliche Handelsvolumina als Laspeyres-Indizes). Durch die Darstellung als Indizes sind die Angaben dimensionslos und an keine Menge / Maßeinheit geknüpft.

2.1.2 Klassifikationssysteme

Die Aufbereitung und Darstellung der Ergebnisse der experimentellen Konjunkturstatistiken über Warengruppen liegt die Klassifikation der COICOP 1999 (Classification of Individual Consumption by Purpose / Klassifikation der Verwendungszwecke des Individualverbrauchs) zugrunde.

2.1.3 Statistische Konzepte und Definitionen

"Scannerdaten": Transaktionsdaten über verkaufte Waren, die an Scannerkassen automatisch erzeugt werden. Werden von Handelsketten des Lebensmitteleinzelhandels wöchentlich aggregiert an das Statistische Bundesamt geliefert.

"Rohdaten": Daten, die das Statistische Bundesamt aus den Warenwirtschaftssystemen der liefernden Handelsketten extrahiert. Sie liegen unbehandelt vor. Die Daten unterscheiden sich in Ihrer Form und Struktur zwischen den einzelnen Handelsketten deutlich.

"Plausible Daten": Daten, die durch die Plausibilisierungsverfahren der experimentellen Konjunkturstatistik als plausibel bestätigt wurden und zur Berechnung von Messzahlen und Indizes verwendet werden.

"Ware": Kleinstes zum Verkauf angebotenes Gut / Produkt in einer örtlichen Einheit (Filiale) in einer spezifischen Maßeinheit.

"Warengruppe": Zusammenfassung einzelner Waren anhand eines gemeinsamen Merkmals, wie z. B. einer gemeinsamen Maßeinheit, zu einer Gruppe.

"Maßeinheit": Einheit, die die physikalische Größe (Menge) der einzelnen Waren und Warengruppen bestimmt.

"Menge": Physikalischer sich in der jeweiligen Maßeinheit befindender Inhalt der einzelnen Waren.

"Filiale": Örtliche Einheit einer rechtlichen Einheit oder einer Handelskette im Lebensmittel-Einzelhandel.

"Handelskette": Zusammenfassender Begriff für verschiedene Organisations- und Rechtsformen von Einzelhändlern (rechtlichen Einheiten). Charakterisiert durch ein ähnliches Verkaufsflächenkonzept, Sortiments- und Preispolitik. Der Begriff bildet auch mehrere geographisch nebeneinander agierende rechtliche Einheiten ab, z. B. "Regionalgesellschaften".

2.2 Zweck der Statistik

Darstellung von wöchentlichen Absätzen von Lebensmitteln als hochaktuelle Indikatoren für die unterjährige Umsatzentwicklung im Lebensmitteleinzelhandel und den Konsum von Lebensmitteln durch private Haushalte.

Zeitnahe statistische Abbildung beispielsweise der Ausbreitung von sogenannten Hamsterkäufen bei Krisen als Indikator über Reaktionen der Bevölkerung, zeitnahes Monitoring von Änderungen des Konsumverhaltens bei Lebensmitteln z. B. bei signifikanten Preisänderungen.

Längerfristige Analyse von Änderungen des Konsumverhaltens der Bevölkerung im Bereich der Lebensmittel bspw. unter dem Aspekt der nachhaltigen Ernährung.

2.3 Nutzerbedarf

Amtliche Konjunkturstatistiken werden zur statistischen Darstellung unterjähriger Entwickungen in Deutschland als Entscheidungshilfe für wirtschafts- und strukturpolitische Zwecke durchgeführt. Die experimentelle Konjunkturstatistik über Warengruppen im Lebensmitteleinzelhandel sieht sich in dieser Tradition und ergänzt das statistische Angebot im Bereich der Konjunktur-Frühindikatoren, wie z. B. dem LKW-Maut-Fahrleistungsindex. Durch ihre Eigenschaften leistet sie einen Beitrag zur zeitnahen Darstellung von Absatzänderungen, was sie zu Zwecken des Krisenmanagements sowie hochaktueller Nowcasts zu einer sinnvollen Quelle macht und eine vielfach kritisierte Informationslücke schließt.

Im Vorfeld der Veröffentlichung bekundeten folgende Institutionen Interesse oder sahen Anknüpfpunkte mit der experimentellen Konjunkturstatistik: Landesministerien und Bundesämter, die Deutsche Bundesbank sowie die Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen des Bundes und der Länder. Ergebnisse der experimentellen Konjunkturstatistik werden im Dashboard Deutschland des Statistischen Bundesamtes publiziert.

2.4 Nutzerkonsultation

Fachspezifische Fragen oder Anregungen werden im vom Statistischen Beirat eingesetzten Fachausschuss "Handels- und Dienstleistungsstatistiken" eingebracht. Ein Nutzerworkshop wurde im Vorfeld der erstmaligen Veröffentlichung der experimentellen Konjunkturstatistik durchgeführt, weitere Nutzerworkshops sollen vor erheblichen fachlich-methodischen Umstellungen durchgeführt werden. Sie werden auch genutzt, um den Weiterentwicklungsbedarf und neuen Datenbedarf abzufragen. Sich wiederholende Kundenanfragen nach bestimmten Sonderauswertungen werden zur Vervollständigung und Anpassung des Datenangebots genutzt.

3 Methodik

3.1 Konzept der Datengewinnung

Es werden elektronische Transaktionsdaten (Scannerdaten) aus dem Lebensmitteleinzelhandel gewonnen und weiterverarbeitet. Scannerdaten von Filialen von Handelsketten sind als Geschäftsdaten eine neue Datenquelle für die Konjunkturstatistik. Sie unterscheiden sich in ihren Eigenschaften von den Datenquellen der amtlichen Konjunkturstatistik, da sie in den Warenwirtschaftssystemen der Handelsketten entstehen, die in einem vereinbarten Lieferformat als Massendaten an das Statistische Bundesamt übermittelt werden. Dort werden die benötigten Bearbeitungsschritte ausgeführt, um die erforderlichen Daten zu generieren. Dadurch unterscheiden sich Ergebnisse aus Scannerdaten fachlich von denen, die durch Meldungen an statistische Ämter generiert werden können. Das Verfahren ermöglicht Ergebnisse wesentlich schneller und fachlich tiefer gegliedert als bisher zur Verfügung zu stellen.

Die Auswahl der Filialen, die zur Datenlieferung herangezogen werden, folgt einem Auswahlkonzept aus der Preisstatistik des Statistischen Bundesamtes. Demnach werden Handelsketten des Lebensmitteleinzelhandels zur Lieferung von Scannerdaten herangezogen, wenn Sie entweder bundesweit oder regional auf Landesebene einen signifikanten Marktanteil aufweisen. Die Auswahl wurde getroffen auf Grundlage eines externen Datensatzes. Die Auswahl der Filialen, die herangezogen wurden, erfolgte nach einer dreifachen Schichtung:

  1. Schichtung: Unterteilt nach Kreisen
  2. Schichtung: Innerhalb der Kreise unterteilt nach Handelsketten
  3. Schichtung: Innerhalb der Handelsketten unterteilt nach Umsatzgröße

Der Anteil der so ausgewählten Filialen bewegt sich zwischen 10 bis 40 % aller in Deutschland betriebener Filialen der jeweiligen Handelskette. Die für die experimentelle Konjunkturstatistik über Warengruppen ausgewählten Handelsketten wurden aufgrund Ihrer herausragend überregionalen Bedeutung für den Lebensmitteleinzelhandel ausgewählt. Insgesamt benutzt die experimentelle Konjunkturstatistik Daten von etwa 2 250 Filialen.

3.2 Vorbereitung und Durchführung der Datengewinnung

Die experimentelle Konjunkturstatistik über Warengruppen ist zentral organisiert in einem Sinne, dass die Datenaufbereitung und Analyse beim Statistischen Bundesamt liegen. Da die genutzten Daten originär zu Zwecken der Preisstatistik erhoben werden, gilt der dort getroffene Arbeitsschnitt zwischen dem Bundesamt und den statistischen Ämtern der Länder. Ebenfalls auf dieser Ebene wurden die Lieferformate festgelegt, Testlieferungen durchgeführt und die Regelmäßigkeit der Lieferungen sichergestellt. Der Arbeitsschnitt im Statistischen Verbund sieht vor, dass die Ämter der Länder die einzelnen Handelsketten dezentral zur Lieferung von Scannerdaten heranziehen. Diese melden dann nach § 7b Abs. 3 PreisStatG elektronische Transaktionsdaten. Die Lieferung der Daten erfolgt zentral beim Statistischen Bundesamt. Zurzeit erfolgt die Datenübertragung per SFTP-Server.

3.3 Datenaufbereitung

3.3.1 Plausibilisierung

Die bereitgestellten Massendaten in einem Umfang von circa 15 Millionen Datensätzen pro Woche erfordern spezifische Plausibilisierungsmethoden und weitgehend automatisierte, IT-gestützte Abläufe, um hochaktuelle und zuverlässige Konjunkturergebnisse bereitzustellen. Die Plausibilisierung der Absatzangaben erfolgt auf der Ebene der Ware. In einem mehrstufigen Testverfahren werden Ausreißer unter den extremsten Perzentilen der Hilfsvariable Preis/Menge identifiziert und auf die Grenzwerte getrimmt (Winsorisierung). Im Anschluss werden die Absatzangaben der betroffenen Waren neu berechnet.

3.3.2 Anpassung an die Grundgesamtheit

Da die liefernden Unternehmen in der Zusammensetzung ihrer Geschäftstypen (Discounter und Verbraucher-/ Supermarkt) nicht dem Verhältnis dieser Geschäftstypen in der Grundgesamtheit entsprechen, wird eine Anpassung vorgenommen. Hierzu werden die Messzahlen der Handelskette eines Geschäftstyps für die Gewichtung beim Erstellen der Laspeyres-Indizes mit einem Faktor multipliziert um eine relative Niedriggewichtung des Geschäftstyps im Vergleich zur Grundgesamtheit auszugleichen. Dieser Schritt wird vorgenommen, um eventuell unterschiedlichen Absatzentwicklungen zwischen den verschiedenen Geschäftstypen, bspw. bei Inflation, Rechnung zu tragen.

Eine Hochrechnung der Angaben auf die Grundgesamtheit erfolgt derzeit nicht.

3.4 Analyseverfahren

Die Analysevariablen der experimentellen Konjunkturstatistik über Warengruppen stellen Absatzindizes der Warengruppen sowie entsprechende Veränderungsraten dar. Dazu werden wöchentliche / monatliche / vierteljährliche / halbjährliche und jährliche Indizes sowie entsprechende Veränderungsraten als Konjunkturindikatoren berechnet. In tiefster fachlicher Ebene werden Messzahlen für das Basisjahr berechnet, die mit paarigen Veränderungsraten bis an den aktuellen Rand fortgeschrieben werden. Die Paarigkeit bezieht sich auf Waren, die in der aktuellen Woche in einer Filiale und in der Vorjahreswoche in derselben Filiale vorliegen. Die Messzahlen werden zunächst über die eigehenden Handelsketten zu gewichteten Laspeyres-Indizes aggregiert. Von dort können die Indizes weiter nach fachlichen Gesichtspunkten aggregiert werden, wie innerhalb der COICOP-Hierarchie oder zu Sondernachweispositionen. Die Gewichtung ergibt sich hierbei aus den absoluten Umsätzen der Handelsketten im Basisjahr.

3.4.1 Bereinigungsverfahren

Die originalen Zeitreihen werden unbereinigt veröffentlicht. Eine Methodik zur Kalender- und Saisonbereinigung befindet sich noch in Entwicklung. Die Veränderungsrate zur Vorjahresperiode unterliegt allerdings keinen Saisoneinflüssen. Da die bereitgestellten Laspeyres-Indizes sich auf Absätze, bzw. Veränderungen im Handelsvolumen beziehen, wird keine Preisbereinigung vorgenommen.

3.4.2 Validierung der Veränderungsraten

Die berechneten Veränderungsraten auf Wochenbasis durchlaufen ein Validierungsverfahren. Dazu werden mit einem MAD-Verfahren nach Leys et al. (2013) Ausreißer gesucht und gefundene auf die Grenzwerte getrimmt (Winsorisiert).

3.5 Beantwortungsaufwand

Die verarbeiteten Daten der Filialen werden für die Preisstatistik auf Basis von PreisStatG § 7b Abs. 3 übermittelt. Bei der Auswertung für die experimentelle Konjunkturstatistik entsteht den liefernden Handelsketten kein Zusatzaufwand. Insgesamt verarbeitet die experimentelle Konjunkturstatistik die Daten von ca. 2 250 Filialen, deutschlandweit verteilt.

4 Genauigkeit und Zuverlässigkeit

4.1 Qualitative Gesamtbewertung der Genauigkeit

Die experimentelle Konjunkturstatistik über Warengruppen liefert Ergebnisse von qualitativ hochwertiger Genauigkeit und Zuverlässigkeit. Durch die Nutzung von bewährten Methoden der amtlichen Statistik und Scannerdaten als neue Datenquelle kann eine hohe Zuverlässigkeit in Kombination mit einem Gewinn an Aktualität und Gliederungstiefe erzielt werden. Die Datenlieferungen erfolgen wegen Auskunftspflicht nach PreisStatG größtenteils zuverlässig und pünktlich. Zudem kommen leistungsfähige Plausibilisierungs-, Validierungs- und Analysemethoden zum Einsatz.

4.2 Stichprobenbedingte Fehler

Aufgrund des Stichprobendesigns in Kombination mit Scannerdaten als neuer Datenquelle ist die durchschnittliche Abweichung zu einer Vollerhebung nicht zu quantifizieren, stattdessen kann die Kohärenz der in den Scannerdaten enthaltenen Umsätze mit den Umsätzen der WZ 4711 bestimmt werden (siehe Kapitel Statistikübergreifende Kohärenz). Durch die für die Zwecke der Preisstatistik vorgenommene Auswahl der Filialen ist ein sehr hoher Grad an Repräsentativität sichergestellt, so dass die stichprobenbedingten Fehler als sehr gering einzustufen sind.

4.3 Nicht-Stichprobenbedingte Fehler

Antwortausfälle, beispielsweise durch die Schließung einer Filiale, werden in der Berechnung der Messzahlen kompensiert, durch eine gleichmäßige, relative Höhergewichtung der verbleibenden, Filialen der Handelskette, die so in der Indexbildung nach wie vor mit den, aus den Umsätzen im Basisjahr gebildeten Gewichten eingeht. Aufgrund der Methodik der Fortschreibung mit paarigen Veränderungsraten entsteht durch Antwortausfälle keine Niveauverschiebung in einer Zeitreihe. Der Verlust an marktaktiven Filialen in der Auswahl kann zu einer geringeren Repräsentativität führen, die durch die Hinzunahme weiterer Filialen zur Lieferung zeitnah, voraussichtlich innerhalb eines Jahres, ausgeglichen werden soll. Durch die Marktstruktur im Lebensmitteleinzelhandel in Deutschland liegen in den Warengruppen genug langlebige Waren pro Filiale vor, um robuste Veränderungsraten zur Vorjahreswoche zu bestimmen. Aus diesem Grund werden im Falle von Antwortausfällen Angaben nicht geschätzt.

Fehler durch Falsch-Klassifizierung

Es ist möglich, dass durch die Klassifikation von Waren in eine falsche Warengruppe Veränderungsraten leicht verzerrt werden. Ebenso ist es möglich, dass durch eine Nicht-Klassifikation von Waren der Einfluss ihrer Absatzänderungen nicht in die Zeitreihe mit einfließt. Der genaue Effekt dieser Fehler ist derzeit nicht quantifizierbar. Die Qualität der Codier-Zuordnungstabellen ist mit gut zu bewerten. Zusätzlich ist der Pool der klassifizierten Daten sehr groß (mindestens 10 000 klassifizierte Waren pro Handelsketten). Der Effekt einer Falsch-Klassifizierung ist somit als marginal zu bewerten.

4.4 Revisionen

Revisionen durch verspätete Meldungen fallen in der Regel in der Folgeperiode des aktuellen Berichtszeitraumes an. Darüber hinaus können Revisionen ebenfalls durch die Aktualisierung von Codier-Zuordnungstabellen entstehen und die Ergebnisse der letzten 52 Wochen beeinflussen. Die Aktualisierung der Codier-Zuordnungstabellen ist einmal pro Jahr geplant und wirkt sich dann rückwirkend auf die letzten 52 Wochen aus. Nach Anwendung der aktualisierten Codier-Zuordnungstabellen kann mit einem vollständigen "Sortiment" gerechnet werden. Die Ergebnisse gelten danach als endgültig.

Revisionsanalysen werden erstmals nach Erscheinen der experimentellen Konjunkturstatistik über Warengruppen durchgeführt und nach Vorliegen der Ergebnisse an dieser Stelle publiziert.

5 Aktualität und Pünktlichkeit

5.1 Aktualität

Erste Wochenergebnisse werden frühestens 12 Tage nach Ende der Kalenderwoche veröffentlicht. Da die Aktualisierung der Zeitreihen initial alle zwei Wochen stattfindet, stehen neue Wochenergebnisse maximal 24 Tage nach Ende einer Kalenderwoche zur Verfügung. Monats-, Quartals-, Halbjahres- und Jahresergebnisse werden zum Veröffentlichungszeitpunkt der letzten, in den Berichtszeitraum eingehenden, Kalenderwoche veröffentlicht. Damit stehen diese Daten zwischen 12 und 25 Tage nach Ende des Kalendermonats zur Verfügung.

Endgültige Bundesergebnisse stehen 52 Wochen oder 12 Monate nach Ende eines Berichtszeitraums zur Verfügung.

5.2 Pünktlichkeit

Die Bundesergebnisse liegen pünktlich zum Veröffentlichungstermin, an jedem zweiten Freitag um 12 Uhr mittags, vor. Die Veröffentlichungstermine sollen grundsätzlich eingehalten werden, vereinzelte Ausnahmen aufgrund von besonderen Aufwänden aufgrund von Sonderentwicklungen in den Daten können nicht ausgeschlossen werden – "Zuverlässigkeit vor Aktualität".

6 Vergleichbarkeit

6.1 Räumliche Vergleichbarkeit

Ziel der experimentellen Konjunkturstatistik über Warengruppen ist die Bereitstellung von Angaben über die kurzfristige Entwicklung von Absätzen im Lebensmitteleinzelhandel für die Bundesrepublik Deutschland. Das Auswahlkonzept der umsatzstärksten Filialen pro Kreis und Handelskette könnte geographisch tiefer gegliederte Daten untereinander vergleichbar machen. Dabei besteht das Potential, Daten auf Ebene des Bundeslandes sowie auf Ebene des Regierungsbezirks zu analysieren.

6.2 Zeitliche Vergleichbarkeit

Grundsätzlich sind die Ergebnisse der experimentellen Konjunkturstatistik über Warengruppen über den gesamten Zeitraum hinweg vergleichbar. Durch die Index-Fortschreibung mit paarigen Veränderungsraten kommt es zu keinen Brüchen in den Zeitreihen. Im Basisjahr besteht jedoch keine Bindung an die Paarigkeit, weswegen in die Berechnung der Messzahlen für den Zeitraum eines Basisjahres mehr Waren einfließen als in den Folgejahren. Dieses Vorgehen kann zu einer Veränderung der Volatilität der Zeitreihen ab dem 1. Jahr nach dem Basisjahr führen.

Veränderung des Zeitreihenniveaus durch Änderung des Basisjahres

Das Basisjahr der experimentellen Konjunkturstatistik ist 2021 analog zu den amtlichen Konjunkturstatistiken. Gleiches gilt für die folgenden Basisjahre, also 2025, 2030 usw. Mit der Umstellung des Basisjahres werden die vorhandenen Zeitreihen mit dem neuen Basisjahr neu berechnet. Der Verlauf der Zeitreihen ändert sich dabei nicht, es kann aber zu Niveauverschiebungen kommen, da die Durchschnittswoche im neuen Basisjahr wieder bei 100 liegen muss.

Veränderung in der Volatilität durch Umstellung der COICOP

Zu einer weiteren Änderung der Volatilität kann es durch eine Veränderung innerhalb der COICOP-Klassifikation kommen. Ein solcher Umstieg ist geplant für das Jahr 2024, wo von der aktuell benutzen COICOP 1999 auf die COICOP 2018 umgestellt werden soll. Da zu diesem Zeitpunkt das Datenangebot der experimentellen Konjunkturstatistik nur Warengruppen aus dem Bereich der Lebensmittel und Getränke abdeckt, bei denen es zu keinen großen Änderungen kommt, wird die Auswirkung dieses Jahr als zu vernachlässigen angesehen. Zu ähnlichen Effekten kann es kommen, wenn Handelsketten ihr Warenwirtschaftssystem umstellen, z.B. durch die Festlegung neuer Waren-/ oder Filial-IDs. Diese Daten können nur verwendet werden, wenn innerhalb eines Code-Systems die Waren in der aktuellen Woche, sowie in der Vorjahreswoche vorliegen.

7 Kohärenz

7.1 Statistikübergreifende Kohärenz

Die experimentelle Konjunkturstatistik über Warengruppen unterscheidet sich in einigen wesentlichen Punkten von der Konjunkturstatistik im Einzelhandel. Während diese Umsätze von Wirtschaftszweigen durch eine Online-Meldung erheben, stellt die experimentelle Statistik Absatzänderungen von Warengruppen dar.

In hoher fachlicher Gliederung, also über alle zur Verfügung stehenden Warengruppen hinweg, kann man dennoch einen Zusammenhang zwischen den Umsätzen der experimentellen Konjunkturstatistik und der Monatsstatistik im Einzelhandel zumindest für den WZ 47.11 herstellen. Testrechnungen mit Umsätzen aus Scannerdaten zeigen hier eine hohe Kohärenz zwischen den entsprechenden Messzahlen, die in folgender Tabelle dargestellt wird:

Testrechnungen mit Umsätzen aus Scannerdaten
JahrUmsatzabdeckung zur EH-StatistikKorrelation der UmsätzeKorrelation der VRØ Abweichung der VRØ absolute Abweichung der VR
2021Ca. 9%0,9860,9870,3 %1,1 %
2022Ca. 8%0,9850,930-0,1 %1,9 %
2023Ca. 9%0,9890,9810,2 %0,9 %

Die Abweichungen können zum Teil durch die unterschiedlichen Datengrundlagen erklärt werden. So sind in den Scannerdaten überwiegend nur Lebensmittel und lebensmittelnahe Waren (z. B. Drogerieartikel) aufgeführt. Weitere Waren, die in Handelsketten typischerweise ebenfalls verkauft werden, wie Zigaretten oder Haushaltswaren, fehlen. Diese Angaben sind in der WZ 47.11 enthalten. Die Auswahlgrundlage der ausgewerteten Filialen kann ebenfalls Abweichungen erklären. Die fachliche Gliederung nach COICOP-System entspricht der Gliederung anderer Statistiken, wie den Ergebnissen der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe, die sich aber in Ziel und Methodik deutlich von der experimentellen Konjunkturstatistik unterscheiden, so dass von Kohärenzanalysen zu diesen Ergebnissen abgesehen wurde.

7.2 Statistikinterne Kohärenz

Liegt vor und wird im Zuge der Aufbereitung durch Vergleiche von ursprünglichen zu revidierten Ergebnissen, sowie von Wochen- zu Monatsdaten sichergestellt.

8 Verbreitung und Kommunikation

8.1 Verbreitungswege

Pressemitteilungen

Pressemitteilungen auf Basis von Daten der experimentellen Konjunkturstatistik erscheinen in keinem festen Turnus. Sie werden anlassbezogen erstellt und sind auf unserer Homepage abrufbar.

Veröffentlichungen

Die Ergebnisse der experimentellen Konjunkturstatistik werden auf unserer Themenseite "Experimentelle Statistiken (EXSTAT)" per Webartikel veröffentlicht.

Online-Datenbank

Keine.

Zugang zu Mikrodaten

Keine.

8.2 Methodenpapiere/Dokumentation der Methodik

Leys, C. et al., Detecting outliers: Do not use standard deviation around the mean, use absolute deviation around the median, Journal of Experimental Social Psychology 2013

8.3 Richtlinien der Verbreitung

Veröffentlichungskalender

Die experimentelle Konjunkturstatistik wird jeden zweiten Freitag veröffentlicht. Durch ihren Status als experimentelle Statistik werden die Verbreitungstermine nicht in den Veröffentlichungskalender des Statistischen Bundesamtes aufgenommen. Der zweiwöchige Veröffentlichungsrhythmus wird nach dem ersten Halbjahr 2024 überprüft und gegebenenfalls angepasst. Die aktuelle Regelung wird auf dem EXSTAT-Webartikel kommuniziert.

8.4 Kontakt

Über unser Kontaktformular