Experimentelle Statistiken Frühindikator für die Konjunktur­entwicklung der gewerblichen Wirtschaft aus Umsatz­steuer­vor­anmel­dungen

EXSTAT

Der kurz nach Ausbruch der Corona-Pandemie eingeführte experimentelle Frühindikator für die Konjunkturentwicklung der gewerblichen Wirtschaft aus Umsatzsteuervor­anmeldungen ermöglicht frühzeitig Aussagen zur Umsatzentwicklung der gewerblichen Wirtschaft, bevor die amtlichen Ergebnisse aus den Erhebungen nach Wirtschafts­bereichen vorliegen. Datenbasis sind die Umsatzsteuervoranmeldungen, die nach dem Verwaltungsdatenverwendungsgesetz an die amtliche Statistik übermittelt werden.

Mit dem Ziel die Aussagekraft des Frühindikators zu erhöhen, wurde die Methodik im Herbst 2024 grundlegend überarbeitet. Wesentliche Änderung ist, dass der Frühindikator nun in preisbereinigter Form dargestellt wird, wie es bei Konjunktur­statistiken wissenschaftlicher Standard ist. Dies vereinfacht es - vor allem in Zeiten von hoher Inflation –, in den Daten konjunkturell bedingte Entwicklungen zu erkennen. Darüber hinaus ist das Aggregat "Gesamte Gewerbliche Wirtschaft" angepasst worden und umfasst zukünftig die Abschnitte B bis N, ohne E und K, gemäß der Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ 2008).

Beginnend mit der Veröffentlichung für den Berichtsmonat Oktober 2024 wird der überarbeitete Frühindikator als realer, kalender- und saisonbereinigter Umsatzindex für die gesamte gewerbliche Wirtschaft zur Verfügung gestellt und monatlich hier im Bereich "EXSTAT – Experimentelle Statistiken" im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes aktualisiert.

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Umsatzsteuervoranmeldungen müssen nach den gesetzlichen Fristen spätestens 10 Tage nach Ende des Berichtszeitraumes (Monat oder Quartal) gegenüber der Finanz­verwaltung abgegeben werden. Mit einer Dauerfristverlängerung – dies beantragen circa 70 % der Voranmeldungspflichtigen (mit einem Umsatzanteil von über 80 %) - verlängert sich die Abgabefrist um einen Monat. Für Auswertungen zum aktuellen Berichtsmonat mit einer Aktualität von unter 30 Tagen nach Monatsende ist die Datenlage daher noch recht unvollständig. In der Regel liegen etwa 20 bis 25 % des Umsatzes für den aktuellen Monat vor.

Erst wenn in den Folgemonaten auch die meisten Meldungen der Unternehmen mit Dauerfristverlängerung vorliegen, können die Daten mit einer weitgehend vollständigen Datenbasis ausgewertet werden. So werden die Umsatzsteuervoranmeldungen beispielsweise im Rahmen von Mixmodellen mit einer Aktualität von 60 Tagen regelmäßig - ergänzend zu Primärbefragungen großer Unternehmen - für kleine und mittlere Unternehmen für die Konjunkturstatistiken in den Bereichen Handel, Baugewerbe und Dienstleistungen genutzt. Für den Frühindikator werden die Umsatzsteuervoranmeldungen mit einer Aktualität von 30 Tagen und über die gesamte gewerbliche Wirtschaft hinweg ausgewertet. Es handelt sich um eine reine Verwaltungsdatenauswertung ohne Hinzuspielen von Angaben aus Primärerhebungen, auch nicht für zurückliegende Monate.

Mit der überarbeiteten Methodik stellt sich der Ablauf zur Erstellung des Frühindikators vereinfacht folgendermaßen dar:

  • Bestimmung der unbereinigten Veränderungsraten zum Vormonat: Auf Ebene der Abschnitte der WZ 2008 werden die Veränderungsraten nach dem Paarigkeits­konzept ermittelt. Nur die Unternehmen gehen mit ihren Angaben in eine Veränderungsrate ein, bei denen sowohl Werte für den Berichts- als auch für den Vormonat vorliegen.
  • Hochrechnung für die aktuellen Veränderungsraten zum Vormonat: Aufgrund der unvollständigen Datenbasis werden für die aktuellen Vormonatsveränderungsraten die vorliegenden Umsätze gruppiert nach Wirtschaftsbereichen (hier: WZ-2- oder 3-Steller) hochgerechnet. Es handelt sich um eine gebundene Hochrechnung, bei der die vorliegenden Umsatzwerte eines Wirtschaftsbereiches über einen Hochrechnungs­faktor an das Umsatzniveau des vorigen, weitgehend vollständig vorliegenden Monats angepasst werden. Hatten beispielsweise in einem Wirtschaftsbereich die Unternehmen mit aktuell vorliegenden Werten einen Anteil von 20 % am WZ-Abschnittsumsatz im Vormonat, ergibt sich für diesen Wirtschaftsbereich ein Hochrechnungsfaktor von 5 (Kehrwert von 20 %). Dieses Vorgehen stellt sicher, dass jeder Wirtschaftsbereich mit dem Gewicht in das WZ-Abschnittsergebnis eingeht, das ihm gemäß den Vormonatsverhältnissen zukommt, unabhängig von der Höhe des Umsatzanteils der Frühmelder in dem Wirtschaftsbereich.
  • Indexberechnung: Aus den unbereinigten Veränderungsraten zum Vormonat werden für jeden WZ-Abschnitt Indizes mit Basisjahr 2021 (statt bisher 2015) berechnet. Für die beiden aktuellsten Berichtsmonate werden jeweils die Veränderungsraten mit einer Aktualität von t+30 verwendet, während für zurückliegende Monate die auf nahezu vollständiger Datenbasis beruhenden t+90-Werte verwendet werden. Die vor der Überarbeitung des Frühindikators für die Vergangenheit verwendeten Veränderungsraten mit einer Aktualität von t+60 hatten die Entwicklung über den gesamten Betrachtungszeitraum merklich überzeichnet.
  • Preisbereinigung: Die nominalen Indizes werden anschließend für jeden Wirtschaftsabschnitt separat preisbereinigt. Zur Ermittlung der einzelnen benötigten Preisreihen je Wirtschaftsabschnitt wird eine Vielzahl von Informationen aus den amtlichen Preisstatistiken herangezogen (zum Beispiel Erzeugerpreise gewerblicher Produkte, Erzeugerpreise für Dienstleistungen, Verbraucherpreisindex, etc.) und über geeignete Gewichtungen und gegebenenfalls Umbasierungen auf Basisjahr 2021 verrechnet. Da die Preisinformationen nicht immer auf monatlicher Basis und in der benötigten Aktualität vorliegen, werden entsprechende Schätzungen und Prognosen vorgenommen. Die Preisreihen und damit der gesamte Frühindikator können nach Vorliegen aller relevanten Preisinformationen bis zu fünf Monate nach Ende des Berichtszeitraumes revidiert werden.
  • Kalender- und Saisonbereinigung: Um die Daten konjunkturstatistisch interpretieren zu können und die Vergleichbarkeit mit den etablierten amtlichen Konjunkturindikatoren des Statistischen Bundesamtes zu gewährleisten, ist eine Kalender- und Saisonbereinigung erforderlich. Diese wird abschnittsweise und in Abstimmung mit der Bundesbank mit dem Saisonbereinigungsverfahren X13 in JDemetra+ durchgeführt.
  • Aggregation zum Frühindikator: Die resultierenden realen, kalender- und saisonbereinigten Umsatzindizes werden anhand von festen, ab dem jeweiligen Basisjahr gültigen Gewichten zum Gesamtergebnis für die gewerbliche Wirtschaft aufaggregiert. Die Gewichte werden aus Ergebnissen zur Bruttowertschöpfung aus der Kostenstrukturerhebung in den abgedeckten Wirtschaftsabschnitten abgeleitet.