Der neue experimentelle Frühindikator für die Konjunkturentwicklung der gewerblichen Wirtschaft aus Umsatzsteuervoranmeldungen ermöglicht frühzeitig Aussagen zur Umsatzentwicklung der gewerblichen Wirtschaft, bevor die amtlichen Ergebnisse aus den Erhebungen nach Wirtschaftsbereichen vorliegen. Datenbasis sind die Umsatzsteuervoranmeldungen, die nach dem Verwaltungsdatenverwendungsgesetz an die amtliche Statistik übermittelt werden. Die Auswertung dieser Daten in dieser Form ist neu und hat daher experimentellen Charakter.
Der nominale, kalender-und saisonbereinigte Umsatzindex für das Aggregat "Gesamte gewerbliche Wirtschaft" (Abschnitte B - N ohne L und K gemäß der Klassifikation der Wirtschaftszweige - WZ 2008) wird ab sofort monatlich aktualisiert und hier auf der Seite "EXSTAT – Experimentelle Statistiken" im Internetangebot des Statistischen Bundesamtes zur Verfügung gestellt. Ergebnisse zur aktuellen Umsatzentwicklung werden in unseren Pressemitteilungen veröffentlicht.
Umsatzsteuervoranmeldungen müssen nach den gesetzlichen Fristen spätestens 10 Tage nach Ende des Berichtszeitraumes (Monat oder Quartal) gegenüber der Finanzverwaltung abgegeben werden. Mit einer Dauerfristverlängerung – dies beantragen ca.70 % der Voranmeldungspflichtigen (mit einem Umsatzanteil von über 80 %) - verlängert sich die Abgabefrist um einen Monat. Für Auswertungen zum aktuellen Berichtsmonat mit einer Aktualität von unter 30 Tagen nach Monatsende ist die Datenlage daher noch recht unvollständig. In der Regel liegen etwa 20 - 25 % des Umsatzes für den aktuellen Monat vor.
Erst wenn im Folgemonat auch die meisten Meldungen der Unternehmen mit Dauerfristverlängerung vorliegen, können die Daten mit einer nahezu vollständigen Datenbasis und mit einer Aktualität von 60 Tagen ausgewertet werden. Im Rahmen von Mixmodellen werden diese Daten regelmäßig ergänzend für die Konjunkturstatistiken in den Bereichen Handel, Baugewerbe und Dienstleistungen genutzt. Bei Mixmodellen werden große Einheiten in Primärerhebungen befragt, während die Angaben zu kleinen und mittleren Unternehmen aus Verwaltungsdaten - wie die Umsatzsteuervoranmeldung - gewonnen werden.
Für den Frühindikator werden die Umsatzsteuervoranmeldungen nun erstmalig über die gesamte gewerbliche Wirtschaft hinweg ausgewertet. Es handelt sich um eine reine Verwaltungsdatenauswertung, bei der keine Angaben aus Primärerhebung hinzugespielt werden, auch nicht für zurückliegende Monate.
Der Umsatzindex errechnet sich aus den einzelnen Veränderungsraten zum Vormonat, die nach dem Paarigkeitskonzept bestimmt werden: Nur die Unternehmen gehen mit ihren Angaben in eine Veränderungsrate ein, bei denen sowohl Werte für den Berichts- als auch für den Vormonat vorliegen. Für die zurückliegenden Monate werden die mit vollständigen Daten errechneten Veränderungsraten verwendet. Aufgrund der unvollständigen Datenbasis werden für die aktuelle Vormonatsveränderungsrate die vorliegenden Umsätze gruppiert nach Wirtschaftsbereichen hochgerechnet. Es handelt sich um eine gebundene Hochrechnung, bei der die vorliegenden Umsatzwerte eines Wirtschaftsbereiches über einen Hochrechnungsfaktor an das Umsatzniveau des vorigen, vollständig vorliegenden Monats angepasst werden. Hatten beispielsweise in einem Wirtschaftsbereich die Unternehmen mit aktuell vorliegenden Werten einen Anteil von 20 % am Gesamtumsatz im Vormonat, ergibt sich für diesen Wirtschaftsbereich ein Hochrechnungsfaktor von 5 (Kehrwert von 20 %). Dieses Vorgehen stellt sicher, dass jeder Wirtschaftsbereich mit dem Gewicht in das Gesamtergebnis eingeht, das ihm gemäß den Vormonatsverhältnissen zukommt, unabhängig von der Höhe des Umsatzanteils der Frühmelder in dem Wirtschaftsbereich.
Um die Daten konjunkturstatistisch interpretieren zu können und die Vergleichbarkeit mit den übrigen etablierten Konjunkturindikatoren des Statistischen Bundesamtes zu gewährleisten, ist zudem eine Kalender- und Saisonbereinigung erforderlich. Diese wird mit dem Saisonbereinigungsverfahren X13 in JDemetra+ durchgeführt.
Ursprünglich sah das Verfahren auch vor, systematische Verzerrungen zwischen den aktuellen, noch unvollständigen Daten und den vollständigen Daten mit Hilfe der jeweiligen Kalender, Saison- und Trendfaktoren zu korrigieren. Für die Berichtsmonate vor der Corona-Pandemie zeigten sich damit hinsichtlich des Revisionsbedarfs gute Ergebnisse. Aufgrund der anhaltenden Sonderentwicklungen durch die Corona-Pandemie hat es sich inzwischen als zuverlässiger erwiesen, auf diese auf Werten aus der Vergangenheit basierende Schätzung am aktuellen Rand zu verzichten. Das Verfahren wurde seit Berichtsmonat Oktober 2020 dahingehend umgestellt, dass die aktuelle Veränderungsrate zum Vormonat des Frühindikators basierend auf den unvollständigen Daten ohne die Korrekturschätzung erzeugt wird.