Presse 0,5 Millionen weniger Niedriglohnjobs im April 2022 gegenüber April 2018

Pressemitteilung Nr. 496 vom 25. November 2022

  • 7,5 Millionen Beschäftigte verdienten weniger als 12,50 Euro brutto je Stunde
  • Anteil der Beschäftigten im Niedriglohnsektor von 21 % auf 19 % gesunken
  • Niedriglohnanteil im Branchenvergleich im Gastgewerbe am höchsten
  • Besserverdienende hatten im April 2022 einen 3,28-mal höheren Bruttostundenlohn als Geringverdienende

WIESBADEN – Knapp jede und jeder fünfte abhängig Beschäftigte (19 %) in Deutschland arbeitete im April 2022 im Niedriglohnsektor. Damit wurden rund 7,5 Millionen Jobs unterhalb der Niedriglohnschwelle von 12,50 Euro brutto je Stunde entlohnt. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) mitteilt, waren das 514 000 niedrig entlohnte Jobs weniger als im April 2018 (8,0 Millionen). Der Anteil der niedrigentlohnten Jobs an allen Beschäftigungsverhältnissen sank somit bundesweit von 21 % auf 19 %. Der Abstand zwischen Gering- und Besserverdienenden blieb unterdessen fast unverändert.

Stärkerer Rückgang des Niedriglohnsektors in Ostdeutschland

Der Anteil an Beschäftigten im Niedriglohnsektor sank in Ostdeutschland mit einem Rückgang von 29 % auf 23 % im Zeitraum April 2018 bis April 2022 deutlich stärker als in Westdeutschland, wo er von 20 % auf 18 % zurückging. Eine Erklärung dieser Entwicklung ist der zwischen April 2018 und April 2022 von 8,84 Euro auf 9,82 Euro gestiegene gesetzliche Mindestlohn, der die Verdienstentwicklung in Ostdeutschland stärker beeinflusste als in Westdeutschland.

Knapp zwei Drittel aller Beschäftigten im Gastgewerbe im Niedriglohnbereich

Knapp zwei von drei Beschäftigungsverhältnissen (63 %) im Gastgewerbe lagen im April 2022 im Niedriglohnsektor. In der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft (56 %) und im Bereich Kunst, Unterhaltung und Erholung (43 %) war der Anteil der Niedriglohnbeschäftigten ebenfalls weit überdurchschnittlich. In der öffentlichen Verwaltung (3 %), im Bereich Erziehung und Unterricht (7 %), in der Finanz- und Versicherungsbranche (7 %) sowie im Bergbau (7 %) waren die Anteile hingegen am niedrigsten.

Lohnspreizung bleibt deutschlandweit konstant

Der Verdienstabstand zwischen Gering- und Besserverdienenden – die sogenannte Lohnspreizung – blieb zwischen April 2018 und April 2022 nahezu konstant. Die Lohnspreizung ist ein Maß zur Beschreibung der Lohnungleichheit. Hierzu wird der Verdienstabstand zwischen den Geringverdienenden (untere 10 % der Lohnskala) und Besserverdienenden (obere 10 %) gemessen. Konkret wird der Bruttostundenverdienst, ab dem eine Person zu den Besserverdienenden zählt (2022: 35,80 Euro), ins Verhältnis gesetzt zum Verdienst, bis zu dem Geringverdienende reichen (2022: 10,90 Euro).

Während Besserverdienende 2022 das 3,28-Fache des Bruttostundenverdienstes von Geringverdienenden erzielten, war es 2018 das 3,27-Fache. Die Lohnspreizung blieb also nahezu unverändert. Zwischen April 2018 und April 2022 waren die Veränderungsraten des 1. Dezils (+12,3 %, Wert markiert die Obergrenze der unteren 10 % der Lohnskala), des 9. Dezils (+12,7 %, markiert die Untergrenze der oberen 10 % der Lohnskala) sowie des mittleren Bruttostundenverdienstes (Median, +13,1 %) sehr ähnlich. Zum Vergleich: Der gesetzliche Mindestlohn ist in diesem Zeitraum um 11,1 % gestiegen. Die durch die Mindestlohn-Anpassungen ausgelösten Verdienststeigerungen wurden somit auch in der Mitte und am oberen Rand der Verdienstverteilung erzielt.

In West- und Ostdeutschland sind ebenfalls nur geringe Veränderungen bei der Lohnspreizung erkennbar. Die Lohnspreizung stieg in Westdeutschland leicht, weil sich die Bruttostundenverdienste der Besserverdienenden (9. Dezil: +12,5 %) im Vergleich zu den Verdiensten der Geringverdienenden (1. Dezil: +10,9 %) etwas stärker entwickelten. Die Veränderung des mittleren Verdienstes (Median: +12,2 %) ordnet sich hier zwischen diesen beiden Entwicklungen ein. In Ostdeutschland blieb die Lohnspreizung zwischen 2018 und 2022 konstant. Besserverdienende (9. Dezil: +14,3 %) hatten eine fast identische Verdienstentwicklung im Vergleich zu Geringverdienenden (1. Dezil: +14,4 %). Die Veränderung des mittleren Verdienstes (Median: +18,1 %) war hier am stärksten.

Bruttostundenverdienste nach Dezilen und Beschäftigte mit Niedriglohn
Ergebnisse der Verdiensterhebungen 2018 und 2022 1
EinheitInsgesamtWestdeutschland
(einschließlich Berlin)
Ostdeutschland
201820222018202220182022

1: Ohne Auszubildende. 

Das 1. Dezil ist der Wert, bis zu dem die untersten 10 % aller Werte reichen. Das 9. Dezil ist der Wert, mit dem die obersten 10 % aller Werte beginnen. Das 5. Dezil, auch als Median bezeichnet ist der Wert, der in der Mitte aller Werte liegt.
Die Niedriglohnschwelle liegt bei zwei Dritteln des Medianverdienstes aller einbezogenen abhängigen Beschäftigungsverhältnisse.

Bruttostundenverdienst nach Dezilen
1. DezilEuro9,7110,909,9010,989,2110,54
5. Dezil = MedianEuro16,5818,7517,0419,1213,9716,50
9. DezilEuro31,7635,8032,5936,6525,7929,48
Dezilsverhältnisse
9. Dezil/ 1. Dezil-3,273,283,293,342,802,80
9. Dezil/ 5. Dezil-1,921,911,911,921,851,79
5. Dezil/ 1. Dezil-1,711,721,721,741,521,57
Anteil der Beschäftigung
unter Niedriglohnschwellein %211920182923
Beschäftigung im Niedriglohnbereich nach Wirtschaftsabschnitten
Verdiensterhebung 2022
Insgesamt ohne Auszubildende 
WirtschaftsabschnittApril 2022
Beschäftigung
insgesamt
Beschäftigung
im Niedriglohn-
bereich
Anteil Niedriglohnbeschäftigter
In 1 000in %

Einbezogene Beschäftigungsverhältnisse:
Alle abhängigen Beschäftigungsverhältnisse der Abschnitte A bis S der WZ2008 mit Verdienstzahlung im April 2022 ohne Auszubildende.

Niedriglohn
Gesamtbruttoverdienst je bezahlte Stunde ist kleiner als die Niedriglohnschwelle (2022= 12,50 Euro). Die Niedriglohnschwelle liegt bei zwei Dritteln des Medianverdienstes aller einbezogenen abhängigen Beschäftigungsverhältnisse.

Insgesamt39 3997 52419
ALand- und Forstwirtschaft, Fischerei(389)(216)(56)
BBergbau, Steine, Erden39(3)(7)
CVerarbeitendes Gewerbe6 71566810
DEnergieversorgung272//
EWasserversorgung, Abwasser297269
FBaugewerbe2 009(217)(11)
GHandel5 2861 47128
HVerkehr- und Lagerei2 25258926
IGastgewerbe1 6201 01563
JInformation und Kommunikation1 34312910
KFinanz- und Versicherungsdienstleistungen949(66)(7)
LGrundstücks- und Wohnungswesen578(201)(35)
Mwissenschaftliche und technische Dienstleistungen2 56730712
NErbringung sonstiger wirtschaftlicher Dienstleistungen2 8761 13840
OÖffentliche Verwaltung2 575753
PErziehung und Unterricht2 5711917
QGesundheit und Sozialwesen5 44065812
RKunst und Unterhaltung49521443
SErbringung sonstiger Dienstleistungen1 12732829

Methodische Hinweise:

Bei den Angaben handelt es sich um Ergebnisse der Verdiensterhebung für April 2022, in der mit einer geschichteten Stichprobe von 58 000 Betrieben Angaben zu Verdiensten und Arbeitszeiten der abhängig Beschäftigten erhoben werden. Verglichen wurden die Angaben mit den Ergebnissen der Verdienststrukturerhebung, die für den Berichtsmonat April 2018 letztmalig durchgeführt wurde.

Zum Niedriglohnsektor zählen alle Beschäftigungsverhältnisse, die mit weniger als zwei Drittel des mittleren Verdienstes (also brutto 12,50 Euro je Stunde im April 2022 bzw. 11,05 Euro je Stunde im April 2018) entlohnt werden. Auszubildende werden bei dieser Analyse ausgeschlossen.

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