Presse Juli 2020: 16,7 % weniger Unternehmensinsolvenzen als im Juli 2019 durch ausgesetzte Antragspflicht

Vorläufige Angaben für eröffnete Regelinsolvenzverfahren im September 2020: -34,5 %

Pressemitteilung Nr. 394 vom 8. Oktober 2020

WIESBADEN – Im Juli 2020 meldeten die deutschen Amtsgerichte 1 369 Unternehmensinsolvenzen. Das waren nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) 16,7 % weniger als im Juli 2019. Die wirtschaftliche Not vieler Unternehmen durch die Corona-Krise spiegelt sich somit bislang nicht in einem Anstieg der gemeldeten Unternehmensinsolvenzen wider. Ein Grund dafür ist, dass die Insolvenzantragspflicht für Unternehmen zum 1. März 2020 ausgesetzt wurde. 

Die meisten Unternehmensinsolvenzen gab es im Juli 2020 im Wirtschaftsbereich Handel (einschließlich Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen) mit 228 Fällen (Juli 2019: 253). Unternehmen des Baugewerbes stellten 204 Insolvenzanträge (Juli 2019: 295). Im Bereich der freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen wurden 182 (Juli 2019: 184) und im Gastgewerbe 154 (Juli 2019: 185) Insolvenzanträge gemeldet. 

Die voraussichtlichen Forderungen der Gläubiger aus beantragten Unternehmensinsolvenzen stiegen nach Angaben der Amtsgerichte im Juli 2020 auf 3,9 Milliarden Euro. Im Juli 2019 hatten sie noch bei 2,8 Milliarden Euro gelegen. Dieser Anstieg der Forderungen bei gleichzeitigem Rückgang der Zahl der Unternehmensinsolvenzen ist darauf zurückzuführen, dass im Juli 2020 mehr wirtschaftlich bedeutende Unternehmen Insolvenz beantragt hatten als im Juli 2019. 

30 % weniger Verbraucherinsolvenzen im Juli 2020 

Neben den Unternehmensinsolvenzen meldeten 5 645 übrige Schuldner im Juli 2020 Insolvenz an. Das waren 28,4 % weniger als im Vorjahresmonat. Darunter waren 4 024 Insolvenzanträge von Verbraucherinnen und Verbrauchern (-30,1 % gegenüber dem Juli 2019) sowie 1 268 Insolvenzanträge von ehemals selbstständig Tätigen. 

Der große Rückgang an Insolvenzanträgen von Verbraucherinnen und Verbrauchern ist vermutlich auf einen Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur weiteren Verkürzung von Restschuldbefreiungsverfahren auf drei Jahre zurückzuführen.

Die Neuregelung soll bereits für ab dem 1. Oktober 2020 beantragte Verbraucherinsolvenzverfahren gelten und ermöglicht Verbraucherinnen und Verbrauchern einen schnelleren wirtschaftlichen Neuanfang im Anschluss an ein Insolvenzverfahren. Es ist davon auszugehen, dass deshalb viele überschuldete Privatpersonen ihren Insolvenzantrag erst nach Inkrafttreten des neuen Gesetzes stellen. 

September 2020: Trend hält an – Deutlich weniger eröffnete Regelinsolvenzverfahren als im Vorjahr 

Auch für den September 2020 zeigen die vorläufigen Angaben zu den eröffneten Regelinsolvenzen wie bereits im Juli und August eine deutliche Abnahme an Verfahren. Im Vergleich zum September 2019 sank die Zahl der eröffneten Regelinsolvenzverfahren um 34,5 %. Diese vorläufigen Angaben veröffentlicht das Statistische Bundesamt seit dem Berichtsmonat März 2020, um die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie frühzeitig abzubilden.

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Hinweise zu Regelinsolvenzverfahren

Vom 1. März bis zum 30. September 2020 waren Unternehmen, deren Insolvenzreife (Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung) auf den Auswirkungen der Corona-Pandemie beruhte und die Aussichten darauf hatten, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen, von der Insolvenzantragspflicht befreit. Auch bei Insolvenzanträgen, die von Gläubigerseite gestellt werden, wurde vorausgesetzt, dass der Eröffnungsgrund bereits am 1. März 2020, also vor der Corona-Pandemie, vorlag. Seit dem 1. Oktober ist ein Insolvenzantrag bei Zahlungsunfähigkeit wieder verpflichtend, bei Überschuldung gilt die Befreiung zunächst weiterhin bis Jahresende. Die Auswirkungen dieser Änderungen werden sich erst ab dem Berichtsmonat Oktober in der Statistik zeigen.

Von den Insolvenzverfahren in Deutschland sind 30 % Regelinsolvenzverfahren, zu denen in erster Linie alle Verfahren von Unternehmen zählen (rund 55 %). Enthalten sind weiterhin Personen, die wirtschaftlich tätig sind. Dazu gehören unter anderem die persönlich haftenden Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft (oHG), Mehrheitsgesellschafter einer Kapitalgesellschaft sowie ehemals selbstständige Tätige, deren Vermögensverhältnisse als nicht überschaubar eingestuft werden.

Methodische Hinweise:

Die vorläufigen monatlichen Angaben, hier für September 2020, basieren auf aktuellen Insolvenzbekanntmachungen aller Amtsgerichte in Deutschland. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht die Entwicklung der eröffneten Regelinsolvenzverfahren in Deutschland während der Corona-Krise monatlich auf der Corona-Sonderseite des Statistischen Bundesamtes.

Beantragte Unternehmensinsolvenzen nach Wirtschaftszweigen in Deutschland
Juli 2020
WirtschaftszweigVerfahren insgesamt
Anzahl
Insgesamt1 369
Land- und Forstwirtschaft, Fischerei9
Bergbau und Gewinnung von Steinen und Erden-
Verarbeitendes Gewerbe109
Energieversorgung4
Wasserversorgung; Abwasser- und Abfallentsorgung und Beseitigung von Umweltverschmutzungen

 

-

Baugewerbe204
Handel; Instandhaltung und Reparatur von Kfz228
Verkehr und Lagerei106
Gastgewerbe154
Information und Kommunikation31
Erbringung von Finanz- und Versicherungsdienstleistungen39
Grundstücks- und Wohnungswesen42
Erbringung von freiberuflichen, wissenschaftlichen und technischen Dienstleistungen182
Erbringung von sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen139
Erziehung und Unterricht8
Gesundheits- und Sozialwesen32
Kunst, Unterhaltung und Erholung33
Sonstige Dienstleistungen49

 

Beantragte Insolvenzverfahren in Deutschland
 Juli 2020Januar bis Juli 2020
AnzahlVeränderung
gegenüber
Juli 2019
in %
AnzahlVeränderung
gegenüber
Vorjahreszeitraum
in %
1 Verbraucher- und Regelinsolvenzverfahren.
Insgesamt7 014-26,454 700-13,1
Unternehmen1 369-16,710 375-7,8
Übrige Schuldner5 645-28,444 325-14,3
davon:
– Verbraucher4 024-30,132 016-16,9
– natürliche Personen als Gesellschafter28-53,3251-21,8
– ehemals selbstständig Tätige11 268-27,19 997-7,7
– Nachlässe und Gesamtgut325-0,32 0610,2

Detaillierte Daten können über die Tabellen 52411 (Insolvenzen) in der Datenbank GENESIS-Online abgerufen werden.

Weitere Ergebnisse und methodische Hinweise bietet die Fachserie 2, Reihe 4.1, die im Themenbereich abrufbar ist.

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