Presse Öffentliche Schulden erreichen im 1. Halbjahr 2020 neuen Höchststand

Öffentlicher Gesamthaushalt zum 30. Juni 2020 mit 2 108,9 Milliarden Euro verschuldet

Pressemitteilung Nr. 376 vom 29. September 2020

WIESBADEN – Der Öffentliche Gesamthaushalt (Bund, Länder, Gemeinden/Gemeindeverbände und Sozialversicherung einschließlich aller Extrahaushalte) war beim nicht-öffentlichen Bereich (Kreditinstitute sowie sonstiger inländischer und ausländischer Bereich, zum Beispiel private Unternehmen im In- und Ausland) zum Ende des 1. Halbjahres 2020 mit 2 108,9 Milliarden Euro verschuldet. Dies war der höchste jemals ermittelte Stand in der Schuldenstatistik. Der bisherige Höchststand nach dem zum Berichtsjahr 2010 geänderten Erhebungsverfahren war am 31. Dezember 2012 mit 2 068,3 Milliarden Euro gemessen worden. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) auf Basis vorläufiger Ergebnisse weiter mitteilt, stieg die öffentliche Verschuldung damit gegenüber dem Jahresende 2019 um 11,1 % beziehungsweise 210,1 Milliarden Euro. Der Anstieg ist im Wesentlichen dadurch begründet, dass die öffentlichen Haushalte finanzielle Mittel für Maßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise aufnahmen. Gegenüber dem 1. Quartal 2020 stieg der Schuldenstand im 2. Quartal 2020 um 7,9 % (+153,5 Milliarden Euro). 

Schulden des Bundes wachsen um 163 Milliarden Euro 

Mit Ausnahme der Sozialversicherung waren am Ende des 1. Halbjahres 2020 alle Ebenen des Öffentlichen Gesamthaushalts stärker verschuldet als zum Jahresende 2019. Am stärksten stieg in diesem Zeitraum die Verschuldung des Bundes, und zwar um 13,7 % beziehungsweise 163,0 Milliarden Euro auf 1 351,5 Milliarden Euro. 

Schulden der Länder steigen um 46,1 Milliarden Euro 

Die Länder waren zum Ende des 1. Halbjahres 2020 mit 624,9 Milliarden Euro verschuldet, dies entspricht einem Anstieg um 8,0 % beziehungsweise 46,1 Milliarden Euro gegenüber dem Jahresende 2019. Die Verschuldung ist in allen Ländern gestiegen, prozentual stieg sie in Sachsen (+89,6 %), Bayern (+30,6 %) und Bremen (+20,4 %) am stärksten. Die Länder mit dem höchsten absoluten Zuwachs waren Nordrhein-Westfalen (+17,0 Milliarden Euro), Bremen (+6,1 Milliarden Euro) und Niedersachsen (+4,1 Milliarden Euro). 

Auch bei den meisten Ländern stand die höhere Verschuldung größtenteils im Zusammenhang mit der Corona-Krise. In Bremen ist der Anstieg vor allem auf Schuldenaufnahmen für die Bereitstellung von Barsicherheiten für Derivat-Geschäfte zurückzuführen.

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Schulden der Gemeinden und Gemeindeverbände nehmen um 1,1 Milliarden Euro zu 

Der Schuldenstand der Gemeinden und Gemeindeverbände erhöhte sich im 1. Halbjahr 2020 gegenüber dem Jahresende 2019 um 0,8 % beziehungsweise 1,1 Milliarden Euro auf 132,4 Milliarden Euro. Hier war die Entwicklung unterschiedlich: Die Schulden stiegen vor allem in Gemeinden und Gemeindeverbänden in Schleswig-Holstein (+5,4 %), Hessen (+4,2 %) und Niedersachsen (+2,2 %). Dagegen sanken die Schulden insbesondere im Saarland (‑14,4 %), Sachsen (‑7,3 %) und Thüringen (-4,7 %).

Der Rückgang in den saarländischen Gemeinden und Gemeindeverbänden ist zum großen Teil dadurch begründet, dass im 1. Halbjahr 2020 das vom Land verwaltete „Sondervermögen Saarlandpakt“ 300,0 Millionen Euro der Kassenkredite der Gemeinden und Gemeindeverbände übernommen hat. 

Die Sozialversicherung konnte ihren Schuldenstand gegenüber dem Jahresende 2019 um rund 5 Millionen Euro (-8,8 %) auf 52 Millionen Euro reduzieren. 

Methodische Hinweise:

Die in der vierteljährlichen Schuldenstatistik nachgewiesenen Schuldenstände können von den haushaltsmäßigen Schuldenständen abweichen. 

Die Verschuldung der Länder enthält auch die empfangenen Barsicherheiten aus Derivatgeschäften der Länderkernhaushalte (zum Beispiel Nordrhein-Westfalen für das 2. Quartal 2020 in Höhe von 1 118,6 Millionen Euro und für das Jahresende 2019 in Höhe von 1 361,4 Millionen Euro). 

Die Schulden der Kernhaushalte der Sozialversicherung wurden auf Basis des Ergebnisses zum 31. Dezember 2019 der jährlichen Schuldenstatistik mit 52 Millionen Euro fortgeschrieben. 

Mit dem Berichtsjahr 2010 wurde in der Schuldenstatistik ein geändertes Erhebungsverfahren eingeführt. Zum einen werden seitdem alle Berichtseinheiten, die nach den Regelungen der Europäischen Union zum Sektor Staat gehören, in der Schuldenstatistik erfasst sowie andere Begriffe und Abgrenzungen verwendet. So werden zum Beispiel die Kreditmarktschulden durch die Schulden beim nicht-öffentlichen Bereich ersetzt, in denen auch die Kassenkredite beim nicht-öffentlichen Bereich enthalten sind. Zum anderen liegt eine geänderte Bereichsabgrenzung zugrunde. Daher sind die Ergebnisse mit den Daten, die vor 2010 erhoben wurden, nur bedingt vergleichbar. 

Weitere methodische Hinweise und Daten, einschließlich der Erläuterungen zu Abweichungen der haushaltsrechtlichen Darstellung von der amtlichen Statistik, können der Fachserie 14 Reihe 5 "Schulden des Öffentlichen Gesamthaushalts" entnommen werden. Hingewiesen wird insbesondere auf den Qualitätsbericht der Fachserie.

Tief gegliederte Daten können in der Datenbank GENESIS-Online unter der Tabelle Schulden beim nicht-öffentlichen Bereich (71321-0005) abgerufen werden.

Schulden des Öffentlichen Gesamthaushalts beim nicht-öffentlichen Bereich 1
– vorläufige Ergebnisse –
Körperschaftsgruppen/LänderInsgesamtVeränderung gegen-
über 31.03.2020
Veränderung gegen-
über 31.12.2019
30.06.202031.03.202031.12.2019
in Millionen Euroin %
1: Einschließlich Extrahaushalte
2: Kernhaushalte der Sozialversicherung zum Stand 31.12.2019
Insgesamt2 108 8931 955 3791 898 762+7,9+11,1
Bund1 351 5331 220 2781 188 581+10,8+13,7
Länder624 885602 399578 762+3,7+8,0
Gemeinden/Gemeindeverbände132 423132 578131 362-0,1+0,8
Sozialversicherung 25212357-57,5-8,8
Länder
Baden-Württemberg44 42743 55244 134+2,0+0,7
Bayern16 88615 44412 926+9,3+30,6
Brandenburg17 65116 53316 644+6,8+6,1
Hessen44 18742 38240 475+4,3+9,2
Mecklenburg-Vorpommern8 3617 6217 541+9,7+10,9
Niedersachsen62 29860 05158 166+3,7+7,1
Nordrhein-Westfalen187 178177 670170 187+5,4+10,0
Rheinland-Pfalz30 02329 68729 833+1,1+0,6
Saarland14 53413 97513 825+4,0+5,1
Sachsen2 1581 3881 138+55,5+89,6
Sachsen-Anhalt21 86322 06320 894-0,9+4,6
Schleswig-Holstein31 31130 33030 764+3,2+1,8
Thüringen15 89814 92414 580+6,5+9,0
Berlin57 17555 22253 959+3,5+6,0
Bremen36 13738 17230 006-5,3+20,4
Hamburg34 79833 38733 691+4,2+3,3
Gemeinden/Gemeindeverbände
Baden-Württemberg8 6508 5138 664+1,6-0,2
Bayern13 00712 53212 792+3,8+1,7
Brandenburg1 6951 7701 732-4,2-2,1
Hessen13 85513 81713 301+0,3+4,2
Mecklenburg-Vorpommern1 683 1 6891 716-0,3-1,9
Niedersachsen13 25112 81412 960+3,4+2,2
Nordrhein-Westfalen52 15152 82051 609-1,3+1,1
Rheinland-Pfalz13 31813 43913 105-0,9+1,6
Saarland3 0843 3563 603-8,1-14,4
Sachsen2 4382 3932 631+1,9-7,3
Sachsen-Anhalt2 5132 6172 598-4,0-3,3
Schleswig-Holstein4 5694 5104 334+1,3+5,4
Thüringen2 2092 3092 317-4,3-4,7

Der öffentliche Schuldenstand, das Staatsdefizit und andere Indikatoren zur Wirtschaft Deutschlands sind auch Teil der Indikatoren zur Deutschen Nachhaltigkeitsstrategie.

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