Presse Alterung der Bevöl­kerung durch aktuell hohe Zuwan­derung nicht umkehrbar

Pressemitteilung Nr. 021 vom 20. Januar 2016

WIESBADEN – Die aktuelle hohe Zuwanderung hat nur sehr eingeschränkte Auswirkungen auf die langfristige Bevölkerungsentwicklung. Sie schlägt sich vor allem im kurzfristigen Anstieg der Bevölkerungszahl nieder. Der Trend zur zunehmenden Alterung der Bevölkerung kann dadurch nicht umgekehrt werden. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) weiter mitteilt, wird der aktuelle Altersaufbau die Bevölkerungs­entwicklung in den nächsten drei Jahrzehnten voraussichtlich stärker prägen als der Saldo der Zuzüge nach und Fortzüge aus Deutschland. Durch eine hohe Nettozuwanderung können jedoch das Tempo und das Ausmaß der Alterung gemindert werden.  

Die Unterschiede zwischen der Anzahl der Menschen in den jüngeren und in den mittleren Altersstufen sind sehr groß und können voraussichtlich nicht durch die Nettozuwanderung ausgeglichen werden. Die Anzahl der Menschen ab 67 Jahre wird bis zum Jahr 2040 voraussichtlich auf mindestens 21,5 Millionen steigen. Sie wird damit um 6,3 Millionen oder um 42 % höher sein als die Anzahl der ab 67-Jährigen im Jahr 2013 (15,1 Millionen).

Die Anzahl der 20- bis 66-Jährigen wird dagegen aller Voraussicht nach sinken. Allerdings wird die Entwicklung bei dieser Altersgruppe stärker durch den Wanderungssaldo beeinflusst als bei den älteren Jahrgängen. Ohne einen Wanderungsgewinn würde die Anzahl der 20- bis 66-Jährigen bis zum Jahr 2040 um rund 13 Millionen oder um ein Viertel gegenüber 2013 abnehmen. Um diesen Rückgang zu kompensieren, wäre dauerhaft ein Wanderungsgewinn bei den 20- bis 66-Jährigen von etwa 470 000 Menschen pro Jahr erforderlich. Nach den Ergebnissen der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung wird der Rückgang bis 2040 voraussichtlich zwischen 7 und 9 Millionen Menschen betragen (bei einem Wanderungsgewinn von insgesamt 6,8 beziehungsweise 4,3 Millionen). Selbst bei einem Gesamtwanderungsgewinn bis 2040 von 8,5 Millionen Personen würde diese Altersgruppe um 5 Millionen Menschen abnehmen. Auch in den 1990er Jahren hatte die starke mehrjährige Nettozuwanderung die Alterung nur verlangsamt, aber nicht verhindert.

Die langfristigen Bevölkerungsvorausberechnungen zeigen die Auswirkungen bereits angelegter Strukturen sowie erkennbarer und belegbarer Veränderungen auf die künftige Bevölkerung. Sie können nicht die Zukunft vorhersagen, liefern jedoch quantitative „Wenn-Dann-Aussagen“. Dabei stützen sie sich auf eine fundierte Datengrundlage, welche die Ableitung der Annahmen über die künftige Entwicklung der demografischen Faktoren erlaubt.

Sonderentwicklungen und unvorhersehbare Ereignisse wie Kriege, Krisen, Umweltkatastrophen und ihre Folgen können bei den Annahmen zu einer Bevölkerungsvorausberechnung nicht berücksichtigt werden. Die im Jahr 2015 rapide angestiegene Zuwanderung Schutzsuchender ist eine solche Sonderentwicklung. Gegenwärtig kann sie in einer Vorausberechnung noch nicht adäquat berücksichtigt werden. Eine bloße Heraufsetzung der mittelfristigen Wanderungsannahmen ohne genaue Kenntnis über die Höhe und Dauer der aktuellen Zuwanderung sowie die demografischen Merkmale der Zugewanderten würde zu keinen belastbaren Resultaten führen und entspräche nicht den Qualitätsstandards der amtlichen Statistik.

Für die langfristigen Wanderungsannahmen kann das Wanderungsgeschehen eines einzelnen Jahres nicht als Muster dienen. Der Wanderungssaldo schwankte in der Vergangenheit sehr stark. Auf Phasen einer starken Zuwanderung folgte stets verstärkte Abwanderung. Während der neun Jahre von 1988 bis 1996 hatte der jährliche Wanderungsüberschuss im Durchschnitt mehr als 500 000 betragen und im Jahr 1992 seinen bisher höchsten Wert von fast 800 000 Personen erreicht. Mitte der 2000er Jahre war dann der Wanderungssaldo deutlich unter 100 000 Personen pro Jahr gesunken. Auch künftig ist davon auszugehen, dass der Wanderungssaldo stark schwanken wird.

Die im April 2015 veröffentlichte 13. koordinierte Bevölkerungsvorausberechnung beschreibt mit ihren 8 Varianten und 3 Modellrechnungen zum einen die auf Grundlage der beobachteten Trends absehbaren künftigen Entwicklungen. Zum anderen gibt sie Aufschluss über den Einfluss der einzelnen demografischen Komponenten – Geburten­häufigkeit, Sterblichkeit und Wanderungen – auf die Bevölkerungsgröße und -struktur. Beispielhaft zeigt die Modellrechnung der 13. koordinierten Bevölkerungsvoraus­berechnung „Wanderungssaldo 300 000“, wie sich eine dauerhaft hohe Zuwanderung von jährlich etwa 1 000 000 Personen und gleichzeitigen Fortzügen von 700 000 Personen auf die Bevölkerungsentwicklung auswirken könnte.

Weitere Informationen zu den Annahmen und Ergebnissen enthalten die Broschüre und der Tabellenband zur 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung sowie die Themenseite „Bevölkerungsvorausberechnung“.
Der Bevölkerungsstand nach Altersgruppen kann anhand einer langen Reihe (ab 1950) nachvollzogen werden.

 

Veränderung der Bevölkerung nach Altersgruppen 2040 gegenüber 2013
Ergebnisse der 13. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung
in % 
Varianten und ModellrechnungenBevölkerung insgesamtdarunter im Alter:
20 bis 66 Jahreab 67 Jahre

G1: Geburtenrate 1,4 Kinder je Frau

G2: Geburtenrate ab 2028 1,6 Kinder je Frau

L1: Lebenserwartung bei Geburt 2060 für Jungen 84,8/Mädchen 88,8 Jahre

L2: Lebenserwartung bei Geburt 2060 für Jungen 86,7/Mädchen 90,4 Jahre

W1: Wanderungssaldo 2014 bis 2015 500 000 Personen/Jahr, 2016 bis 2021 schrittweise Anpassung auf 100 000 Personen/Jahr, danach konstant

W2: Wanderungssaldo 2014 bis 2015 500 000 Personen/Jahr, 2016 bis 2021 schrittweise Anpassung auf 200 000 Personen/Jahr, danach konstant

W0: ausgeglichener Wanderungssaldo

W3: Wanderungssaldo 2014 bis 2015 500 000 Personen/Jahr, ab 2016 konstant 300 000 Personen pro Jahr

G(2,1): Geburtenrate ab 2015 2,1 Kinder je Frau

Variante 1G1-L1-W1– 6– 1842
Variante 2G1-L1-W2– 2– 1443
Variante 3G1-L2-W1– 5– 1847
Variante 4G1-L2-W2– 1– 1348
Variante 5G2-L1-W1– 4– 1742
Variante 6G2-L1-W20– 1343
Variante 7G2-L2-W1– 3– 1747
Variante 8G2-L2-W21– 1348
Wanderungssaldo NullG1-L1-W0– 12– 2539
Wanderungssaldo 300 000G1-L1-W30– 1143
Geburtenrate 2,1 Kinder je FrauG(2,1)-L1-W14– 1342