Mediathek Digitalisierung und Datenbedarf – was bringen der Registerzensus und ein Gebäude- und Wohnungsregister?

Wer für die Zukunft planen will, der muss ganz genau wissen, was ist. Egal ob Politik oder Wirtschaft, ob kommunale Verwaltung oder europäische, sie alle brauchen verlässliche Daten darüber, wie viele Menschen in Deutschland wo wohnen. Wie werden unsere Wahlkreise zugeschnitten? Wo wird neuer Wohnraum benötigt? Und wie ist es eigentlich um die Energieeffizienz unserer Häuser bestellt? Für Antworten auf diese und ähnliche Fragen soll in wenigen Jahren ein Registerzensus die verlässliche Ent­schei­dungs­ba­sis in Form von Daten liefern. Der Registerzensus entwickelt dabei das Vorgehen des Zensus 2022 weiter. Aber wie funktioniert das eigentlich genau? Was bringt es jedem und jeder von uns? Und was hat das eigentlich mit den Megathemen "Digitalisierung" und "Klimaschutz" zu tun? Dazu wollen wir in unserer aktuellen StatGespräch-Folge ein bisschen Licht ins Dunkel bringen: mit Thomas Körner – er ist im Statistischen Bundes­amt für das Thema "Gebäude und Wohnungen" beim Registerzensus zuständig. Und mit Hannes Kühn vom Sekretariat des Normenkontrollrats, dem Beratergremium der Bundes­regierung zu Bürokratiekosten. Für diesen Podcast haben wir für Sie auch ein Transkript erstellt.

Transkript

Wir wollen heute über die Digitalisierung der Verwaltung reden. Herr Kühn, Herr Körner, was war denn Ihr einschneidendstes Erlebnis in diesem Zusammenhang während der Corona-Zeit, die uns ja alle digitalisierungsmäßig auf ein neues Level gebracht hat?

Kühn: Soll ich mal einsteigen, Herr Körner? Auf der persönlichen Ebene, wie schnell es dann doch ging, vom Büro von einem Tag auf den anderen ins Homeoffice zu wechseln. Aber aus einer professionellen Sicht – auch mit den Themen, mit denen sich der Normen­kontroll­rat so beschäftigt hat – würde ich sagen, war es fast ein Déjà-vu-Erlebnis, weil einige der Herausforderungen, die wir jetzt festgestellt haben und über die wir vielleicht heute ein bisschen sprechen werden, auch darin bestehen, dass wir das in der sogenannten Flüchtlingskrise auch schon mal gesehen haben. Also Herausforderungen, die so ein Zusammenwirken über die Ebenen bedeuten – die Verwaltung, Her­aus­for­de­run­gen überall im Staat, wo es um Kommunikations- und Informationsweiterleitung, um Meldewege, geht. Das hat nicht funktioniert – sowohl in dieser ersten Krise nicht, aber auch in der Corona-Krise nicht. Mich hat am Anfang immer gewundert, dass in den Nachrichten die Johns Hopkins Universität genannt wurde, bis irgendwann mal die RKI-Daten wichtiger wurden, vielleicht auch ins Laufen kamen, aber bis heute manchmal Fragezeichen produzieren. Das ist immer noch ein Riesenthema und das hat sehr viel mit dem heutigen Thema zu tun, wie wir eigentlich in Deutschland die Daten managen und nutzbar machen.

Körner: Ja, ich würde vielleicht beim Thema Daten direkt anschließen. Also, ich hatte eine ganze Reihe einschneidender Erlebnisse in den letzten beiden Jahren, wie wir wahrscheinlich alle. Aber aus dem beruflichen Kontext und mit Bezug auf Daten hat mich tatsächlich beeindruckt, wie sehr statistische Kennzahlen und Indikatoren in das Alltagsbewusstsein rein gehoben wurden von sehr vielen Menschen in der Breite und wie man plötzlich beim Mittagstisch anfängt zu diskutieren – den R-Wert, die Sieben-Tage-Inzidenz, die Mortalität und die Übersterblichkeit. Begriffe, mit denen viele sich vorher gar nicht auseinandergesetzt hatten. Insofern war so eine Pandemie, wenn man etwas Positives sehen will, sicherlich auch so eine Art nationales Weiterbildungsprogramm in Statistik.

Was bei Ihnen beiden mitklingt, ist die Corona-Pandemie als Treiber, was das Bedürfnis nach aktuellen Daten zu bestimmten Themen angeht. Das ist auch das Thema, worüber wir heute sprechen – nämlich der Registerzensus, wo das natürlich auch eine große Rolle spielt. Aber vielleicht, Herr Körner, zunächst mal vorneweg der Zensus – früher "Volkszählung" genannt – da haben sicherlich viele schon mal davon gehört, ist ja auch gerade aktuell. Aber was ist denn jetzt eigentlich der Registerzensus?

Körner: Der Zensus ist so eine Art Inventur der Bevölkerung, die alle zehn Jahre durchgeführt wird. Man schaut, wie viele Menschen gibt es eigentlich in Deutschland und in den anderen Ländern – Zensen werden ja weltweit gemacht. Welche Bildungsabschlüsse haben die? Wie sind sie am Arbeitsmarkt aktiv? Und eben in meinem Bereich auch, wie sieht es mit dem Gebäude- und Wohnungsbestand aus? Wie viele Gebäude sind neu gebaut worden? Wie ist deren Beschaffenheit und wie ist die Wohnsituation der Menschen? Über all das wird alle zehn Jahre eine umfassende Inventur durchgeführt, die eine essenzielle Entscheidungsgrundlage für Politik und Verwaltung ist und einfach notwendig ist, um wichtige Planungen vornehmen zu können und Entscheidungen vorzubereiten.

Wie wurde so eine Volkszählung früher gemacht? Die Älteren erinnern sich vielleicht noch an das Jahr 1987. Da gab es die letzte klassische Volkszählung in Deutschland. Damals war das noch so, wie es jahrzehntelang gewesen ist, dass die Erhebungsbeauftragten – Interviewer – ausgeschwärmt sind an alle Anschriften und da jeweils die Menschen erfasst haben, die in den Wohnungen wohnen. So kann man das vereinfacht beschreiben. Das ist ein sehr aufwendiges Verfahren gewesen und ein Verfahren, das nicht besonders populär war. Auch das hat man 1987 erfahren. Deswegen gibt es seit 2011 ein sehr viel belastungsärmeres Verfahren, was die Registerdaten schon nutzt – nämlich den sogenannten registergestützten Zensus. Das ist auch der Zensus, der in diesem Jahr durchgeführt wird. Da werden vorhandene Daten aus Registern schon genutzt, wie ich sagte, aber noch ergänzt um Befragungen.

Es gibt zum einen eine Befragung von zehn Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern in einer Haushaltestichprobe – die wird tatsächlich auch noch mit Erhebungsbeauftragten durchgeführt – und es gibt die Gebäude- und Wohnungszählung. Das ist eine Kompletterfassung aller Gebäude und Wohnungen in Deutschland, die bei 25 Millionen Immobilieneigentümerinnen und -eigentümern durchgeführt wird. Hier kommen wir noch mit sehr vielen Bürgern in Kontakt und sehr viele Bürger müssen Zeit aufbringen, um unsere Fragen zu beantworten.

Deswegen wollen wir mit dem Registerzensus einen Schritt weitergehen und entwickeln eine Methode, künftig komplett auf Befragungen verzichten zu können. Dabei hilft uns die Digitalisierung der Verwaltung. Wie Herr Kühn schon gesagt hat, hat das durch Corona durchaus noch mal einen Schub erfahren. Viele Datenvorgänge, die früher nicht digital vorlagen, sind es jetzt, sodass wir denken, man muss die Menschen nicht mehr zu solchen Informationen befragen, die dem Staat schon vorliegen. Wir sind gerade dabei, die Methode so zu entwickeln, dass man die vorliegenden Daten so zusammen­bringen kann, dass wir die Ergebnisse gewinnen können, die wir für den Zensus brauchen.

Also ich habe jetzt schon verstanden, es geht darum, die Menschen müssen weniger befragt werden. Das schafft Entlastung. Aber vielleicht noch mal auf den Punkt gebracht. Registerzensus: Was für Vorteile hat es noch?

Körner: Er wird langfristig für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler günstiger, weil diese Befragungen sehr aufwendig sind und, wenn das System mal aufgebaut ist, aus den vorhandenen Verwaltungsdaten die Ergebnisse gewonnen werden können. Das ist die eine Seite der Medaille – also Kosten­ein­sparungen und Belastungsreduktion. Die andere Seite ist – und auch da ist die Pandemie eine ganz gute Wegmarke –, dass die Datenbedarfe gestiegen sind. Es ist deutlich geworden, dass Politik und Verwaltung mehr Daten brauchen, die schneller zur Verfügung sein müssen und häufiger erhoben werden müssen als alle Zehn Jahre.

Herr Kühn, wir haben es gerade schon gehört – weniger Befragungen. Gerade in Corona-Zeiten fand das ohnehin zunehmend online statt. Da wurde schon viel umgestellt. Vielleicht noch mal aus Ihrer Sicht, was bringt denn der Registerzensus zusätzlich in puncto Digitalisierung? Inwieweit ist das ein weiterer Fortschritt auf diesem Weg?

Kühn: Befragung bleibt Befragung, ob sie nun in Persona stattfindet oder online. Das kostet Zeit auf Verwaltungsseite. Früher sind wirklich zehntausende bis hunderttausende Leute rumgelaufen und haben Leute befragt. Das wird vielleicht reduzierbar sein über dieses oder andere Mittel, aber ganz weg geht es nicht – und der Zeitaufwand auf Bürgerseite oder Unternehmensseite oder Wohnungsbesitzer- oder Eigentümerseite ganz genauso. Wir hatten damals – und Sie hatten es ja eingangs schon gesagt, unsere Aufgabe ist es auch, Bürokratiekosten sichtbar zu machen, also Metriken zu entwickeln, wie man solche Aufwände sichtbar macht – ein Gutachten zur Registermodernisierung erstellt, was damit zu tun hat.

Um mal ein paar Zahlen zu nennen: Gerade der Teil, der auf den Zensus entfällt – also der Effekt, den man erzielen würde, wenn man nicht mehr auf Befragung setzt, sondern wenn man die Daten, die in der Verwaltung schon da sind, einfach nachnutzt, die Qualität steigert und dann auf der Grundlage Statistiken und den Zensus abwickelt – da waren auf Verwaltungsseite 87% Einsparpotenzial kalkuliert und auf Bürgerseite sogar 95%. Was macht das in Zahlen aus? Für die Verwaltung waren das ungefähr 600 Millionen Euro pro Durchgang, die man sparen könnte. Bei den Bürgern hat man das in Stunden ausgerechnet. Da ist man bei acht Millionen Stunden Einsparung. Das kann man auch mit einer fiktiven Lohnsumme gleichsetzen und kommt auf Milliarden. Ein riesiges Potenzial, das allein durch den Wegfall solcher Befragungen entsteht.

Abgesehen davon, dass, wenn man die Daten vorne gut hat, man auch eine viel bessere Aussagekraft in der Statistik hat. Das sind alles immer nur Stichproben oder Annäherungsweisen – also schon immer ein System, was zwischen Genauigkeit und Effizienz changiert. Wenn man es hinkriegt, die Daten so gut zu machen – und zwar auch die Verwaltungsdaten –, dass die Statistik sie gut nachnutzen kann, dann hat das einen enormen Effekt gerade bei der Statistik.

Aktuell ist es so, dass Bürgerinnen und Bürger tatsächlich ihre Daten an verschiedenen Stellen zum selben Merkmal abgeben müssen. Inwieweit spielt da der Registerzensus eine Rolle? Stichwort: "Once-Only-Prinzip".

Kühn: Ja, das ist genau der englische Fachbegriff dafür: "Once-Only" – einmal Daten erheben und dann nachnutzen. Das ist das Grundprinzip, das viel stärker Anklang finden sollte in der deutschen Verwaltungslandschaft – Digitalisierungslandschaft. Andere Länder machen das schon so und haben aber auch Jahre dafür gebraucht – Jahrzehnte manchmal. Ich glaube, Herr Körner hat gerade gezuckt und wollte auch etwas sagen.

Körner: Ja, ich würde vielleicht an einer Stelle noch mal einhaken, weil "Once-Only" heißt auch, die Daten werden mehr genutzt, die da an der einen Stelle liegen. Das wird automatisch dazu führen, dass die Qualität der Daten besser wird, als sie heute ist, weshalb die Statistik da unmittelbar von profitiert, wenn so vorgegangen wird, weil Fehler schneller auffallen, bereinigt werden können schon auf der Verwaltungsseite und dadurch auch der Aufwand in der Statistik für die Bereinigung der Daten gesenkt werden kann.

Große Kosteneinsparungen, großer Aufwand, der eingespart wird. Das klingt natürlich erstmal gut für alle Bürgerinnen und Bürger und für Sie beim Normenkontrollrat natürlich auch, die das im Blick haben. Es ist aber ja doch auch ein großer Schritt oder es sind viele große Schritte, die dahin zu gehen sind, weil das ein großer Transformationsprozess ist. Was muss denn geschehen, damit tatsächlich die Behörden auch dafür ausgestattet sind?

Kühn: Ich würde sagen, viel mehr als auf die konkrete IT-Infrastruktur in einer einzelnen Behörde kommt es auf die Orchestrierung der Datenbestände in der Fläche und in den Ebenen an – also die Register. Jetzt haben wir schon vom Melderegister gehört. Es gibt aber auch viele, viele andere. Die sind sehr unterschiedlich strukturiert in Deutschland. Da ist mal der Bund zuständig, häufig die Länder und oft auch die Kommunen. Es gibt ungefähr 300 bis 400 Register – Fachregister – und die sind noch mal aufgegliedert über diese ganzen Ebenen und Einzelstrukturen. Das zusammenzubringen, ist die Herausforderung. Daten verknüpfbar zu machen, ist erst mal eine technische Frage. Wo liegen denn diese Daten? In welcher Qualität und in welchen Datenformaten liegen sie vor? Wie kommt man da überhaupt technisch ran, wenn man denn wollte? Hat man auch den gesetzlichen Auftrag und die Erlaubnis, das zu tun? Man wird dann feststellen – und das hat das Statistische Bundesamt auch schon getan –, dass viele Daten auch redundant, doppelt daliegen, weil sie eben von mehreren Stellen erhoben werden.

Überhaupt mal diesen Überblick zu bekommen und Inventur zu machen, das ist auch schon angegangen. Da gibt es eine schöne Plattform von Destatis, die Verwaltungsdaten-Informationsplattform (VIP), wo man sehen kann, wie viele Register es eigentlich gibt und wo die Daten liegen.

Diese technisch zu erschließen, ist hier eine Frage. Wir haben auch noch Datenschutzaspekte, da kommen wir vielleicht noch mal vertieft drauf. Aber dann gibt es auch eine inhaltliche Seite der Standardisierung. Wenn man feststellt, man kommt an die Daten ran und man kann sie also austauschen über geeignete Schnittstellen, man spricht über dasselbe Datenformat – ist dann auch der Inhalt der gleiche? Also ist das, was in dem Verwaltungsregister drin ist, das, was die Statistik inhaltlich eigentlich braucht? Da gibt es auch Unterschiede. Wenn man also das Ziel erreichen möchte, das "Once-Only-Prinzip" wirklich durchzusetzen, dann muss man auch dafür sorgen, dass man sie nicht nur technisch erschließt, sondern dass auch eine gewisse Harmonisierung in dem Verständnis dessen, was eigentlich in diesen Datenbeständen drin ist, erreicht wird.

Sonst ist das, was passiert, das, was man jetzt schon feststellen kann: Es gibt eigentlich schon solche Daten irgendwo. Sie sind aber nicht hundertprozentig das, was das Gesetz für die Statistik verlangt. Dann fängt man doch wieder an, Daten neu zu erheben. Also, deswegen die Betonung, neben der technischen Standardisierung auch eine inhaltliche Standardisierung zu machen, Lücken zu identifizieren – zum Beispiel wie das Gebäude- und Wohnungsregister – wo es diese Datenbestände noch nicht in der Form gibt, um sie gut nachnutzbar zu machen.

Dieser organisatorische Aufwand macht natürlich auch schon deutlich, warum wir jetzt über den Registerzensus sprechen, der schrittweise bis 2031 eingeführt werden soll. Aus dem, was Sie gesagt haben, kann man schon erahnen, dass es da noch eine ganze Reihe von Weichen gibt, die gestellt werden müssen und eine ganze Reihe von Vorarbeiten, die nötig sind. Herr Körner, können Sie dazu was sagen?

Körner: Ja, natürlich. Sie sagten, 2031 klingt noch ganz schön weit weg, ist es aber nicht, in der Tat, wenn man schaut, was noch alles zu tun ist. Noch dazu ist die Zeit eigentlich noch knapper, da 2031 der nächste Termin für die nächste 10-jährliche Zensusrunde ist. Wir müssen aber voraussichtlich schon ab 2025 jährlich Bevölkerungszahlen aus dem Zensussystem an die EU liefern. Das heißt, das sind jetzt noch gut drei Jahre und dann muss das Ding stehen. Von daher ist eine ganze Menge zu tun. Ich würde kurz sagen oder vielleicht fasse ich zusammen, es gibt methodische Vorbereitungen, technische. Es müssen Datengrundlagen geschaffen werden und es sind auch rechtliche Voraussetzungen zu schaffen.

Vielleicht fange ich bei den methodischen an und kann auch da anknüpfen, wo Herr Kühn gerade aufgehört hat. Diese Pionierarbeit sich die Datenquellen, die es gibt, erst mal zu erschließen, die haben wir ja zu einem guten Teil schon hinter uns. Es ist tatsächlich so, dass wir uns häufig gewünscht hätten, es gäbe ein Telefonbuch, wo die Register drinstehen, die es in Deutschland gibt und wo man erfahren kann, welche Standards es gibt und nach welchen Definitionen gearbeitet wird. Das ist leider nicht so. Das muss man sich ziemlich mühsam erarbeiten. Zu schauen, wie kann man das statistisch sauber zusammenbringen, um dann die Ergebnisse in der Qualität und der Definition abzugreifen, die für uns relevant sind – das erfordert auch eine ganze Menge technischen Sachverstand, weil es eben recht komplexe IT-Verfahren sind, die man braucht. Das Ganze machen wir nicht alleine, sondern zusammen mit unseren Kolleginnen und Kollegen in den Statistischen Landesämtern, die in dem Projekt Registerzensus mit uns zusammenarbeiten.

Ganz wichtig ist natürlich dabei – das hat Herr Kühn auch angesprochen – die enge Abstimmung mit den Behörden, die Daten bereitstellen und am besten wissen, wo die Stärken und Schwächen der eigenen Datenbestände sind. Vielleicht mache ich weiter bei der Technik. Da ist ein wichtiges Stichwort – das hatten wir auch gerade schon angesprochen – der Aufbau der IT-Systeme mit im Prinzip zwei Aspekten. Das eine ist, wir haben sehr große Datenvolumina, die wir bewegen müssen aus den verschiedenen Registern. Das heißt, wir brauchen wirklich hoch performante Systeme, die den aktuellen Standards entsprechen. Und die Systeme müssen natürlich auch deswegen sehr hoch performant sein, weil wir sehr hohe Standards bei Datenschutz und IT-Sicherheit zugrunde legen. Man vertraut uns hier zum Teil sensible Daten an, die absolut sicher bei uns liegen müssen. Da geht es um Ver­schlüs­se­lungs­tech­ni­ken und Dinge wie diese, die eben auch dementsprechend performante Systeme voraussetzen. Dann wäre der dritte Punkt, den ich gerne als Weichenstellung ansprechen wollte – auch da haben wir schon kurz drüber gesprochen – das Thema Datengrundlage.

Es gibt Bereiche, wo die Daten schon vorhanden sind. Wir haben über die Melderegister gesprochen, die eine Schlüsselrolle für die Gewinnung der Bevölkerungszahl und der Einwohnerzahlen spielen. In anderen Bereichen gibt es die Datenbestände so noch nicht oder müssen weiterentwickelt werden. Ein großes Thema für die Datengrundlage ist sicherlich das schon mehrfach genannte Gebäude- und Wohnungsregister. Das ist die eklatante Datenlücke im Registerzensus, die geschlossen werden muss und wo wir jetzt auch mithelfen beim Aufbau. Wobei man dazu sagen muss, das Gebäude- und Wohnungsregister ist nicht alleine ein Statistikregister. Ganz im Gegenteil ist es primär ein Register für Verwaltungszwecke. Es gibt mannigfaltige Anwendungszwecke und es wird deswegen auch für die Verwaltungszwecke aufgebaut. Ein Zweck, um den es eben auch geht, ist, die Daten für den Registerzensus bereitzustellen. Es wird aber nicht alleine für die Statistikzwecke geschaffen.

Vielleicht kann ich da kurz einhaken, weil das Wort jetzt einfach auch schon mehrfach fiel – Gebäude- und Wohnungsregister. Vielleicht können Sie beide noch mal kurz erklären, was es denn damit auf sich hat? Worum handelt es sich genau und wer kann das vielleicht nutzen?

Körner: Ja, vielleicht fange ich mal an. Es ist tatsächlich hier eine Datenlücke in dem Sinne in Deutschland, dass Daten zu Gebäuden und Wohnungen nicht bundeseinheitlich vorliegen und auch nur ein Bruchteil der benötigten Daten abdecken. Das hängt damit zusammen, dass die Verwaltungsbereiche, die in dem Bereich tätig sind, hinsichtlich der Daten eher auf Inseln angesiedelt sind. Zum Beispiel werden natürlich in der Bauverwaltung – wer schon mal gebaut hat, weiß das – Daten über neu errichtete Gebäude aus den Bauanträgen gesammelt. Es fehlt aber eine Übersicht über den Gesamtbestand von Gebäuden und Wohnungen.

Die Vermessungsämter haben ebenfalls ein paar Daten, die interessant sind – allerdings eher rudimentär über Gebäude und gar keine Daten über Wohnungen. Ähnlich sieht es mit den Daten der Finanzverwaltung aus. Die sind zugeschnitten auf den Zweck der Grundsteuererhebung. Und dann gibt es noch den großen Bereich der energetischen Merkmale, der immer wichtiger wird und wo es nur sehr wenige Datenbestände gibt. Das Gebäude- und Wohnungsregister kann die Brücke bilden zwischen diesen verschiedenen Daten und da einen Basisbestand – ein Basisregister – bereitstellen, das für unterschiedliche Anwendungen zur Verfügung steht.

Herr Kühn, wollen Sie noch etwas ergänzen?

Kühn: Also, wenn man das ernst meint, was wir vorhin besprochen haben, dass man Verwaltungsdaten nachnutzen möchte, um nicht denselben Aufwand, den die Verwaltung schon hatte, in der Statistik nochmal nachzubilden – und so wie es häufig als Lösung entwickelt wurde, Spiegelregister auf Statistikseite zu bauen, noch mal dieselben Daten zu erfassen – dann muss man natürlich viel mehr dafür sorgen, dass die Datenqualität der Verwaltungsdaten so gut ist, dass die Statistik damit auch mit ihrem Anspruch leben kann. Und das ist eben häufig noch nicht so. Gerade weil es der Verwaltung manchmal um andere Dinge geht. Da geht es nicht um das präzise Detail, was für die Statistik wichtig ist. Wie kriegt man das in den Griff? Also wirklich diese Aufräumfrage im Sinne der Effizienz und dann aber auch im Sinne der Dienstleistung vom einen für den anderen.

Damit man nicht an verschiedenen Stellen immer dieselben Daten erfasst oder ähnliche Daten, muss man sich auf ein Set einigen – am besten so modular wie Lego-Bausteine, sodass man sich über die kleinsten Einheiten einig ist und dann je nach Bedarf zusammensetzt. Also, ich will nur darauf hinweisen, was nötig ist, um das hinzubekommen. Da fehlt es zumindest aus unserer Sicht noch an einem klaren Willen, am Auftrag und auch den nötigen Ressourcen, eine solche Mammutaufgabe, muss man sagen, wenigstens mal in einem Teil wie dem Gebäude- und Wohnungsregister anzugehen. Da reden wir noch nicht über die ganze Landschaft, sondern nur über einen Ausschnitt und das in einem traditionell sehr dezentralen Land.

Da fehlt – muss man auch in Richtung der Bundesregierung vielleicht sagen aus unserer Sicht, einem unabhängigen Kontrollgremium, was das vielleicht auch so deutlich sagen kann – noch der Wille und der Auftrag, das so zu durchdenken, dass ein klarer Projektplan entsteht, dass Meilensteine definiert werden, dass diese Aufgaben in eine Abfolge getan werden, auch mit den Ressourcen, die es dafür braucht oder nicht. Und das ist aus unserem Gefühl eben noch nicht so weit. Das müsste deutlich intensiviert werden, um die Ziele, die hier genannt wurden, im Registerzensus zu erreichen.

Wir haben am Anfang gesagt, diese Daten sind auch eine wichtige Grundlage für politische Entscheidungen. Herr Körner, können Sie vielleicht da einfach noch mal so ein, zwei Nutzungsmöglichkeiten nennen? Wofür sind denn diese Daten tatsächlich sinnvoll zu nutzen? Wofür sind diese Legosteine? Welche Türmchen kann man damit bauen?

Körner: Legosteine ist ein gutes Bild, Basisregister passt dazu. Eine grundlegende Nutzungsmöglichkeit ist nämlich, Anträge in vielen Bereichen online stellen zu können – also ohne Belege einreichen zu müssen – weil die Daten im Prinzip schon vorliegen und alle Behörden, die diese Daten brauchen, darauf Bezug nehmen können. Das kann Genehmigungsverfahren deutlich vereinfachen – Antragsverfahren generell bei verschiedenen Aufgaben im Immobilien- und Gebäudebereich.

Daneben wären ein weiterer Bereich, den ich gerne nennen würde, die Themen Stadtentwicklung und Raumplanung. Hier ist ein guter Datenbestand zu Gebäuden und Wohnungen extrem hilfreich, um Investitionsentscheidungen zu treffen, wenn es darum geht, neue Straßen zu planen, neue Schienennetze zu planen, Bildungseinrichtungen zu planen und auch zu entscheiden, in welchen Gebieten wird jetzt zusätzlicher Wohnraum gebraucht. Wie muss der aussehen im Verhältnis zu dem Wohnraum, der schon da ist? Wie sieht das im Verhältnis zu den Bevölkerungszahlen aus, die wir ja auch im Registerzensus gewinnen? Also, das ist eine ganz wichtige Aufgabe für das Gebäude- und Wohnungsregister.

Ich nenne vielleicht noch eine weitere. Das könnte man so überschreiben mit der Überschrift "Vorsorgemaßnahmen". Welche Gebäude liegen in hochwassergefährdeten Gebieten? Wie muss man den Schutz dieser Gebäude definieren? Wie kann man das übergreifend planen? Das wäre ein Beispiel. Ein anderes Beispiel wären Emissionen, bei denen die Belastung gesenkt werden kann für die Bevölkerung: Zum Beispiel bei der Lärmentwicklung entlang von Schienentrassen. Wenn solche Planungen vorgenommen werden, ist es extrem hilfreich, ein solches Register zur Verfügung zu haben.

Kühn: Man muss sich fragen, wie es überhaupt funktioniert derzeit, wenn wir so eine Lücke haben. Wir fragen uns das immer. Das muss wirklich wachrütteln. Das ist eigentlich – ich weiß nicht, ob es ein Skandal ist, aber der Bedarf ist wirklich krass da und wir merken ihn an vielen Stellen. Lassen Sie mich das noch sagen, diese Notwendigkeit, dass wir mit unseren Daten besser umgehen müssen – ich glaube, das Bewusstsein steigt – aber wie immanent das wirklich ist, haben viele noch nicht verstanden. Dass man das eigentlich schon längst hätte tun sollen, ist auch vielen klar. Und dass das aber lange Zeit braucht und dass man jetzt anfangen muss, weil es eben wirklich Jahre braucht, auch in anderen Ländern nicht schneller ging – die haben einfach früher angefangen – und dass man sich diese Zeit nicht mehr erlauben kann. Man muss da jetzt wirklich ranklotzen, sage ich mal.

Ein Thema, was im Moment auch viel diskutiert wird, wo es auch darum geht, Daten zu haben oder eine Grundlage zu haben, ist das Thema Energie – Energiesparen, Energieeffizienz von Häusern. Da haben wir in den letzten Wochen und Monaten sicherlich alle viel darüber gehört und gelesen. Inwieweit spielt da ein Register wie das, worüber wir gerade sprechen, eine Rolle?

Körner: Ja, da denkt man vielleicht gar nicht als erstes dran. Wenn man überlegt, warum wollen die jetzt darüber was wissen, wie ich meine Wohnung heize? Aber das ist höchst relevant, weil der Energieverbrauch von Gebäuden einen großen Anteil am Gesamtenergieverbrauch in Deutschland ausmacht. Gut ein Viertel der Treibhausgasemissionen in Deutschland gehen aufs Konto des Gebäudebestandes und von daher ist es eigentlich für ein Monitoring des Klimaschutzes unerlässlich. In den Bereichen sind tatsächlich die Datenlücken fast noch größer als anderswo – zu wissen, wie ist es um die energetische Situation der Gebäude bestellt? Mit welchen Energieträgern wird geheizt? Wie wird Energie gewonnen und wie schreitet die energetische Sanierung voran? Deswegen ist das ein ganz entscheidender Baustein, zu dem das Gebäude- und Wohnungsregister Beiträge leisten kann.

Zum Abschluss unseres Gesprächs möchte ich noch das Thema Datenschutz ansprechen. Das muss ja wirklich von Anfang an auch mitgedacht werden, wenn man so eine Landschaft aufbaut und ausbaut. Wie kann das gelingen? Worauf ist da zu achten und wie geht man vor?

Kühn: Ich sage, schon fast die deutsche Tradition mit diesen Themen umzugehen, hat eine lange Vorgeschichte. Das hat auch eine enge Verknüpfung mit dem Thema "Zensus". Das ganze Datenschutzrecht ist am Ende quasi an diesem Thema entstanden oder auch ausgearbeitet worden. 1983 Verfassungsgerichtsurteil, was die Grundzüge des modernen Datenschutzes ausbuchstabiert hat, am Zensusurteil gemessen. Das hat zum Beispiel zu einer Problematik, die ich mal herausstellen will, geführt, dass man die Identifizierbarkeit von Personen in Datenbeständen beschneiden will – also begrenzen möchte –, dadurch, dass man sie nicht eindeutig identifizierbar macht. Das ist natürlich aber für die Statistik ganz entscheidend, dass man eben nicht Leute doppelt zählt oder Einheiten doppelt zählt. Das ist nur ein Aspekt. Also, kann es einen einheitlichen Identifier für Personen geben, ja oder nein? Und kann er dann auch in verschiedenen Registern auftauchen, um eine Person zuordenbar zu machen? Genau das will man eigentlich verhindern, wenn man nicht auf der anderen Seite Mechanismen schafft, die einen Missbrauch eines solchen Instrumentes verhindern. In der Vergangenheit hatte man solche Mechanismen nicht, hat deswegen auch kein Vertrauen gehabt und hat de facto verboten, dass es eine solche Nummerierung – Durchnummerierung – der Bevölkerung gibt oder hat sie nur für Teilbereiche zugelassen.

Jeder von uns hat eine Steuer-ID. Jeder von uns hat eine Nummer in der Sozialversicherung und dergleichen mehr. Jetzt gibt es seit kurzem ein Gesetz, das in sehr beschränktem Umfang ermöglicht, die Steuer-ID auch für weitere Register zu nutzen – also in der Nutzung auszuweiten. Warum ist das wichtig? Dazu kann Herr Körner vielleicht noch viel mehr sagen als ich. Wenn man verschiedene Datenbestände schon hat und sie auch getrennt lassen möchte im täglichen Doing, sie aber in bestimmten Fällen dann doch zusammenfassen muss, um eine Statistik oder eine Aussage zu treffen, dass man dann die Einheiten auch zuordnen kann. Da reicht der Name eben nicht aus. Der ändert sich im Leben – gerade der Nachname – oder es gibt Tippfehler oder Schreibweisen oder was auch immer. Dieses Instrument taugt nicht, um präzise zu sein.

Man muss viel Aufklärung betreiben, was heute schon geht, was man also gar nicht mehr abwenden kann und was aber heute auch möglich ist an Schutz – nicht nur in der Statistik, sondern auch sonst in der Online-Verwaltung, digitalen Verwaltung, wo es auf solche Identifizierbarkeit ankommt. Ich nenne mal so Themen, dass man Stichwort Transparenz schafft – was mit den Daten eigentlich passiert? Wer hat welches Datum abgefragt und zusammengeführt? Da gibt es den Anspruch ein Datenschutz-Cockpit zu etablieren, sodass jeder Bürger sehen kann, wann welche Daten abgerufen wurden, sie vielleicht auch freigeben kann – also weiß was passiert. Also, wir müssen uns ein bisschen mehr Mühe geben als andere, die Sicherheit aufrechtzuerhalten. Das ist möglich und das haben jetzt auch Untersuchungen gezeigt. Man darf es aber nicht übertreiben, indem man alles verbietet, sondern kann beides erreichen. Man kann Daten gut zusammenführen. Man kann die Ziele der Statistik erfüllen. Man kann Online-Verwaltung dadurch befördern. Man kann gleichzeitig die Persönlichkeitsrechte der Leute und Menschen sicherstellen.

Körner: Ein Stichwort ist auch schon gefallen, das ich gerne nochmal hervorheben will, nämlich das Stichwort "Vertrauen". Die amtliche Statistik weiß, dass sie vom Vertrauen und von der Akzeptanz der Bevölkerung lebt. Das gilt zum einen für die Qualität unserer Ergebnisse, für die Unparteilichkeit unserer Berichterstattung, aber natürlich auch dafür, dass die Daten bei uns sicher liegen, dass man sich darauf verlassen kann, dass da kein unbefugter Zugriff ermöglicht wird und dass eben die Datenschutzstandards maximal eingehalten werden. Wir stellen das sicher, ich sagte das eingangs auch schon mal, über moderne Verschlüsselungstechniken bei der Datenhaltung, da gibt es einen sehr hohen Standard und auch über strenge Zugriffsbeschränkungen.

In dem Bereich haben wir tatsächlich viel Erfahrung und Expertise. Vielleicht darf ich das noch anfügen, weil wir den Zensus 2011 und den Zensus 2022 bei uns auch schon machen, dort mit sehr großen Datenbeständen, zum Teil auch sensible Daten arbeiten und darum wissen, wie man damit umgeht und wie man diese Daten schützt.

Vielleicht noch ein Punkt zum Abschluss – das ist vielleicht, wenn man sich nicht täglich damit beschäftigt, auch nicht selbstverständlich – die einzelnen Daten interessieren uns als Statistiker gar nicht, also mal davon abgesehen, dass wir sie sehr gut schützen. Wir sind mehr an den Mustern in den Daten interessiert. Das ist für einen Statistiker viel interessanter als der einzelne Fall. Deswegen werden Daten auch nur anonymisiert ausgewertet. Wir sprechen da vom Statistikgeheimnis. Es darf also aus keiner unserer Veröffentlichungen ein Rückschluss auf einen einzelnen Fall möglich sein. Das wird sichergestellt zum Beispiel über Geheimhaltungsverfahren, die genau dies absichern, dass man nicht sieht in der Kombination von verschiedenen Tabellen, welche Person, welches Unternehmen sich hinter einem Datensatz befindet.