Zum Thema
Ob es um Ärztemangel geht oder den Fachkräftemangel im Handwerk, ob Pfleger gesucht werden oder Ingenieurinnen, ob IT-Expertinnen fehlen oder Lehrer: Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, ist das Thema Bildung von entscheidender Bedeutung. Hier finden Sie Informationen darüber, wie es um die berufliche Bildung steht, wie sich beispielsweise die Ausbildungszahlen entwickeln oder wie viele Studierende sich für Mangelfächer entscheiden.
Zahl der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge binnen zehn Jahren deutlich gesunken
Viele Unternehmen in Deutschland klagen über Nachwuchsmangel. Dabei gilt das duale Ausbildungssystem mit seiner engen Verzahnung von Theorie und Praxis traditionell als "Flaggschiff" des deutschen Bildungssystems. Mehrere hundert Ausbildungsberufe stehen zur Auswahl. Allerdings war sowohl die Zahl der Auszubildenden insgesamt wie auch die der neu abgeschlossenen Ausbildungsverträge in den vergangenen Jahren stark rückläufig.
Angebot auf dem Ausbildungsmarkt übersteigt die Nachfrage
Wegen des Mangels an geeigneten Bewerberinnen und Bewerbern wird es für die Ausbildungsbetriebe immer schwieriger, ihre Ausbildungsstellen zu besetzen. Das schlägt sich seit einigen Jahren auch in der Ausbildungsstellenmarktstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA) nieder. Dazu werden bei der BA gemeldete ausbildungsplatzsuchende Personen sowie von den Betrieben gemeldete freie Ausbildungsstellen erfasst. Da die Inanspruchnahme der Vermittlungsdienste der BA freiwillig ist, bildet die Gegenüberstellung der beiden Größen nur einen Teil des gesamten Ausbildungsstellenmarktes ab. Der Stichtag für diese Daten ist der 30. September des Berichtsjahres.
Zahl der bestandenen Abschlussprüfungen sinkt
Am Ende der Berufsausbildung stehen die Abschlussprüfungen – die künftigen Fachkräfte sollen zeigen, dass sie über die geforderten Kenntnisse und Fertigkeiten verfügen. Doch mit dem Rückgang bei den Ausbildungen ist in den vergangenen zehn Jahren auch die Zahl der bestandenen Abschlussprüfungen ständig gesunken. Im größten Ausbildungsbereich, Industrie und Handel, ist die Zahl innerhalb von zehn Jahren um ein Fünftel zurückgegangen, im Handwerk sogar fast um ein Viertel.
Ein Fünftel der Absolvierenden in Sozial- und Erziehungsberufen sind Männer
Fachkräfte in Kinderbetreuungseinrichtungen werden dringend gesucht. Berufe wie beispielsweise Erzieherin und Erzieher, Kinderpflegerin und Kinderpfleger oder Sozialassistentin und Sozialassistent werden nicht im dualen System erlernt, sondern an Fachschulen, Berufsfachschulen und Schulen des Gesundheitswesens. Die Zahl der Absolvierenden solcher vollzeitschulischen Bildungsgänge lag 2023 um 17,3 % höher als 2012. Auffällig ist der nach wie vor hohe Frauenanteil, wobei der Männeranteil unter den Absolvierenden in diesem Zeitraum gestiegen ist: von 15,3 % im Jahr 2012 auf 19,3 % im Jahr 2023.
Wieder mehr neue Ausbildungsverträge in der Pflege
Wenn über den Fachkräftemangel diskutiert wird, stehen häufig die fehlenden Pflegerinnen und Pfleger im Fokus. Seit 2020 ist eine Ausbildung zur Pflegefachfrau beziehungsweise zum Pflegefachmann möglich. Darin wurden die bisher getrennten Ausbildungen zu Pflegeberufen wie Gesundheits- und Krankenpfleger/in, Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger/in sowie Altenpfleger/in zusammengeführt. Zum Jahresende 2023 befanden sich insgesamt 146 900 Personen in der Ausbildung zum Beruf der Pflegefachfrau beziehungsweise des Pflegefachmanns. Davon hatten 54 400 Auszubildende im Jahr 2023 einen Vertrag zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann unterschrieben. Gegenüber dem Vorjahr waren das 4 % oder 2 200 weniger neu abgeschlossene Ausbildungsverträge.
Fast jeder zehnte junge Mensch weder in (Aus-)Bildung noch in Beschäftigung
Obwohl in vielen Wirtschaftsbereichen Nachwuchsmangel herrscht, befinden sich längst nicht alle jungen Menschen in (Aus-)Bildung oder Beschäftigung. Der Indikator NEET (Not in Education, Employment or Training - Nicht in Ausbildung, Weiterbildung oder Beschäftigung) beziffert den Anteil der Erwerbslosen und Nichterwerbspersonen, die sich nicht in Aus- oder Weiterbildung befinden, an der 20- bis 24-jährigen Bevölkerung. Er ist trotz der vergleichsweise guten Lage am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt seit 2012 nicht weiter spürbar zurückgegangen. Nach einem coronabedingten leichten Anstieg in 2020 und 2021 bewegt sich dieser Indikator in 2022 wieder auf dem Niveau von 2019.
Mehr als 40 % der Studienanfängerinnen und Studienanfänger wählen Mangelfächer
Nicht nur im Gesundheitsbereich fehlen Fachleute – Stichwort Ärztemangel –, auch im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik, den so genannten MINT-Fächern, werden dringend Arbeitskräfte gesucht. Im Studienjahr 2023 entschieden sich mehr als 40 % der Studienanfängerinnen und Studienanfänger im 1. Fachsemester für ein Studienfach in Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften oder ein Studienfach aus dem MINT-Bereich. Dabei ist die Zahl der Fachstudienanfängerinnen und Fachstudienanfänger in MINT-Fächern in den letzten 10 Jahren um 5 % zurückgegangen, in Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften dagegen um 25 % gestiegen. Um auch Fachwechsel zu erfassen, wurden hier die Zahlen der Studierenden im 1. Fachsemester verwendet. Diese Zahlen sind deutlich höher als die der Anfänger und Anfängerinnen im 1. Hochschulsemester, welche häufig in anderen Publikationen verwendet werden.
Zahl der Studierenden in Medizin/Gesundheitswissenschaften kontinuierlich gestiegen
Immer mehr junge Menschen entscheiden sich für ein Studium. Bis zum Wintersemester 2020/2021 stiegen die Studierendenzahlen kontinuierlich an. Seitdem hat die demographische Entwicklung zu einem leichten Rückgang auch bei den MINT-Fächern geführt. Trotzdem gab es dort im Wintersemester 2023/2024 noch 10 % mehr Studierende als 10 Jahre zuvor, in den MINT-Fächern noch 5 % mehr. In der Fächergruppe Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften, in der sich der Anstieg der Studierendenzahlen auch nach dem Wintersemester 2020/2021 ungebrochen fortgesetzt hat, waren es im Wintersemester 2023/24 sogar 40 % mehr Studierende als 10 Jahre zuvor.
Zahl der Absolventinnen und Absolventen in Mangelfächern in den letzten zehn Jahren leicht unterdurchschnittlich gestiegen
An Hochschulen wurden 2023 rund 15 % mehr Prüfungen erfolgreich abgelegt als 10 Jahre zuvor. Während die Entwicklung in den MINT-Fächern (+14 %) leicht unterdurchschnittlich war, wuchs die Zahl der Prüfungen in Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften mit +33 % deutlich überdurchschnittlich an.
Anteil der Quer- und Seiteneinsteiger/-innen im Lehramt steigt
In Folge des Lehrkräftemangels unterrichten an den Schulen hierzulande immer mehr Quer- und Seiteneinsteiger/-innen. So hatten im Schuljahr 2022/23 rund 71 100 der insgesamt 724 800 Lehrkräfte an den allgemeinbildenden Schulen keine anerkannte Lehramtsprüfung – ein Anteil von 9,8 %. Im Schuljahr 2012/2013 hatte er noch bei 5,6 % gelegen. Noch höher ist der Anteil an Quer- und Seiteneinsteigern an beruflichen Schulen: Im Schuljahr 2022/23 hatte mehr als ein Fünftel (21,2 %) der insgesamt 123 500 Lehrkräfte an den beruflichen Schulen keine anerkannte Lehramtsprüfung. Im Schuljahr 2012/13 war dies bei 14 700 von 122 900 Lehrkräften der Fall (11,9 %).
Zahl der Absolventinnen und Absolventen eines Lehramtsstudiums rückläufig
Die Zahl der Staatsexamen und Masterabschlüsse im Lehramt ist innerhalb der letzten zehn Jahre gesunken. Im Prüfungsjahr 2023 haben rund 29 000 Lehramtsstudierende ihren Masterabschluss erworben oder das 1. Staatsexamen bestanden. Damit hat sich die Zahl der Lehramtsabsolventinnen und Lehramtsabsolventen gegenüber dem Jahr 2013 um 13 % verringert. Bei den männlichen Lehramtsabsolventen fiel der Rückgang mit 16 % noch etwas stärker aus. Der Frauenanteil an den Lehramtsabsolventen mit Masterabschluss oder bestandenem 1. Staatsexamen lag über den Zeitraum hinweg weitgehend konstant zwischen 72 und 74 %.